Flagge Mexikos flattert im Wind
Ausufernde Macht der Kartelle setzt Regierung unter Druck

Mutmaßliches Todeslager der Drogenmafia in Mexiko sorgt für Entsetzen

Mexiko-Stadt  ‐ Die Entdeckung zahlreicher menschlicher Überreste auf einer mexikanischen Ranch offenbart ein erschreckendes Ausmaß der Gewalt. Betrieb eine Drogenbande dort ein Lager, um Feinde zu foltern und zu töten?

Erstellt: 20.03.2025
Aktualisiert: 19.03.2025
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Von Tobias Käufer (KNA)

Die Tipps kamen von anonymen Hinweisgebern: „Die Leute haben uns Nachrichten geschickt – und wir sind hingegangen, um die Dinge zu überprüfen“, wird Raul Servin Garcia, Mitglied der Aktivistengruppe „Guerreros Buscadores de Jalisco“, in mexikanischen Medien zitiert. Vor mehr als einer Woche kam es dann zu dem erschreckenden Fund: Auf der Ranch „Izaguirre“ im Bundesstaat Jalisco entdeckte die Gruppe menschliche Überreste. Der Ort wird nun als „Todeslager“ bezeichnet. Betrieben wurde es mutmaßlich vom Kartell „Jalisco Nueva Generacion“ (CJNG).

Die kriminelle Organisation zählt zu den einflussreichsten und brutalsten Drogenkartellen Mexikos, wobei die Aktivitäten weit über den Drogenhandel hinausgehen. Menschenhandel, Waffenhandel, Zwangsprostitution, illegaler Bergbau, Schutzgelderpressungen gehören inzwischen zum Portfolio der Kartelle.

Wie viele Kritiker, Gegner und Rivalen auf der Ranch gefoltert, ermordet und beseitigt wurden, darüber kann vorläufig nur spekuliert werden. Gerüchte über grausame Experimente, die an den Opfern vorgenommen worden seien, lassen Schlimmes erahnen. Offen ist indes, inwiefern der mexikanische Staat, der auf allen Ebenen von den Kartellen durchdrungen ist, zu einer Aufklärung in der Lage ist.

Bilder von Kleidung, Schuhen, Rucksäcken und verschiedenen persönlichen Gegenständen der Opfer sorgen seit der Entdeckung des Lagers in nationalen und internationalen Medien für Aufregung. Sie wäre wohl noch größer, würden die aktuellen geopolitischen Konflikte nicht die Schlagzeilen bestimmen.

Kardinal spricht von „mexikanischer Normalität“

Mit Spannung wird jetzt beobachtet, wie die zuständigen Behörden mit dem Fall umgehen. Die Zeitung „El Universal“ berichtet, dass staatliche Stellen schon seit Jahren gewusst hätten, dass auf der Ranch Leichen beseitigt würden. Trifft das zu, wäre es ein weiterer Beleg dafür, dass die Annäherungspolitik von Ex-Präsident Andres Manuel Lopez Obrador („Umarmen statt schießen“) die Kartelle gestärkt hat. Seine Parteifreundin und Nachfolgerin Claudia Sheinbaum geht zwar nicht verbal, aber inhaltlich auf Distanz zu dieser Toleranzpolitik und ändert allmählich die Vorgehensweise.

Wenig überrascht zeigt sich die katholische Kirche über die Enthüllungen. Kardinal Francisco Robles Ortega von Guadalajara kommentierte, dass sei sehr traurig, aber leider keine Neuigkeit, sondern mexikanische Normalität. Die Kirche kritisiert seit Jahren die Sicherheitsstrategie des Staates und wurde dafür von Lopez Obrador scharf angegangen.

Das Hauptstadt-Erzbistum stellte derweil einen Gottesdienst unter das Motto: „Gewaltsames Verschwinden sollte uns empören.“ Hunderte Gläubige brachten Bilder und Plakate mit, die Fotos von verschwundenen Angehörigen zeigen, die sie verzweifelt suchen. Doch Sheinbaum reagierte kühl: Die Kirche verfüge nicht über die korrekten Informationen.

Für die Präsidentin ist die Entwicklung nicht nur innenpolitisch brisant. US-Präsident Donald Trump wirft der Regierung Mexikos vor, längst die Kontrolle über das Land an die Kartelle verloren zu haben. Den grausigen Fund auf der Ranch werden seine Unterstützer nutzen, um eine noch härtere Gangart gegenüber Mexiko zu fordern.

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