
Pro-Europäer Dan siegt bei Wahl in Rumänien
Bukarest ‐ 18 Millionen Stimmberechtigte und eine Richtungsentscheidung: In Rumänien gewinnt ein bürgerlich-liberaler Bürgermeister die Präsidentschaftswahl.
Aktualisiert: 20.05.2025
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Kollektives Aufatmen in Bukarest und Brüssel: Bei der Präsidenten-Stichwahl in Rumänien ist es dem proeuropäischen Lager am Sonntag erneut gelungen, zu mobilisieren. Der bürgerlich-liberale Bürgermeister der Hauptstadt Bukarest, Nicusor Dan, schaffte es nach Auszählung aller Stimmen auf knapp 54 Prozent. Sein Kontrahent, der Ultranationalist George Simion mit 46 Prozent, gestand in der Nacht zu Montag seine Niederlage ein, wie rumänische Medien berichten.
Mit 65 Prozent gingen im zweiten Durchgang deutlich mehr Wahlberechtigte an die Urne als noch beim ersten Votum vor zwei Wochen. Beobachter sprechen von der höchsten Wahlbeteiligung seit Jahrzehnten. Der Grund: Spätestens nach Simions Sieg im ersten Durchgang wurde den 18 Millionen Stimmberechtigten bewusst, dass es sich um eine Richtungswahl handelt: Bleibt ihr Land Teil des freien Europa – oder schlägt es den undemokratischen Weg Ungarns ein?
Mit dem Sieg des Mathematikers und unabhängigen Kandidaten dürfte das Nato-Land seinen bislang prowestlichen Kurs fortsetzen. Sein Gegner, der Rechtsaußen Simion, hatte angekündigt, dem Nachbarland Ukraine die Militärhilfe zu streichen und „gegen Brüssel aufzustehen“. Seine Vision eines „Groß-Rumänien“ brachte ihm Einreiseverbote für die beiden Nachbarländer Ukraine und Moldau ein, nachdem er dort Gebietsansprüche gestellt hatte.
Zudem stellte Simion in Aussicht, den Ultranationalisten und Sieger der annullierten Präsidentenwahl vom November, Calin Georgescu, zum Ministerpräsidenten zu ernennen. Laut Politikwissenschaftlerin Roxana-Alice Stoenescu hätte Simion vermutlich den „Übergang in ein autoritäres Regime oder eine illiberale Demokratie“ bedeutet.
Brüssel erleichtert
Auch international wurde die Wahl mit Spannung beobachtet, gilt Rumänien doch spätestens seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine als strategisch entscheidender Nato-Partner. Das Land bildet ukrainische Soldaten aus, schickte dem Nachbarn Flugabwehrsysteme und nahm Tausende Geflüchtete auf.
Die Erleichterung über den Wahlausgang in Europas Hauptstädten war am Montag groß. Das rumänische Volk habe sich „für das Versprechen eines offenen, prosperierenden Rumänien in einem starken Europa entschieden“, schrieb EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Sozialen Medien. Unter den ersten Gratulanten war auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Er erklärte, die Rumänen hätten „Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Europäische Union“ gewählt.
Umfragen hatten bis zum Wahltag Simion als Sieger gesehen. Das knappe Ergebnis bei der Stichwahl betrachten etliche Beobachter als Auftrag an Dan. Von seinem Vorgänger Klaus Johannis erbt er eine tief gespaltene Nation, die es zu einen gilt. Unzufriedenheit herrscht neben Inflation und dem jahrelangen Ausschluss aus dem Schengenraum vor allem über das politische Establishment - in den Augen vieler Rumänen eine zutiefst korrupte Clique.
Zu dem Zweikampf zwischen Simion und Dan war es letztlich nur gekommen, da beide in den Augen vieler Rumänen nicht „dem System“ angehörten. Der Kandidat der Regierungskoalition, Crin Antonescu, schaffte es im ersten Durchgang nur auf Platz drei.
Auch Dan stellte sich in einer ersten Rede in der Nacht zu Montag auf eine bevorstehende „schwere Zeit“ ein. Nun gelte es, den Grundstein für eine gesunde Gesellschaft zu legen. „Lasst uns alle gemeinsam den heutigen Abend und morgen genießen - und dann mit dem Wiederaufbau Rumäniens beginnen“, so Dan. Mit Blick auf die große Zahl an Simion-Unterstützern betonte er, es gebe keine zwei Rumänien. Jeder, der tiefgreifenden Wandel herbeisehne, habe an diesem Abend gewonnen. Er versprach den Rumänen den Beginn eines „neuen Kapitels“.
Unterschiedliche Signale kamen am Sonntagabend vom unterlegenen Simion. Nachdem er sich Medienberichten zufolge zunächst als „klaren Sieger dieser Wahl“ bezeichnet hatte, gratulierte er Dan später. Es sei „der Wille des rumänischen Volkes“ gewesen.
Eine der ersten Amtshandlungen Dans wird die Ernennung eines neuen Ministerpräsidenten sein. Nach der Wahlschlappe im ersten Durchgang war Regierungschef Marcel Ciolacu zurückgetreten, da er „keine Legitimität“ mehr für seine Koalition sah.

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