
Italien wegen Untätigkeit gegen Neapels Müll-Mafia verurteilt
Straßburg ‐ Ein dreckiges Geschäft: In Kampanien brennen illegale Müllhalden, das Wasser wird verseucht. An der „Entsorgung“ verdient die Camorra, der Staat schaut zu. Jetzt hat der Europäische Menschenrechtsgerichtshof Italien verurteilt.
Aktualisiert: 31.01.2025
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Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof hat Italien wegen Untätigkeit gegen illegale Müllentsorgung durch die Camorra bei Neapel verurteilt. Die Richter befanden am Donnerstag in Straßburg, der Staat habe im Wissen um Gesundheitsgefahren nicht das Erforderliche zum Schutz des Lebens der Menschen in der berüchtigten „Terra dei fuochi“ unternommen. Sie trugen der Regierung auf, binnen zwei Jahren eine Lösungsstrategie vorzulegen, für eine unabhängige Überwachung zu sorgen und eine Informationsplattform für die Öffentlichkeit einzurichten.
Geklagt hatten 41 Personen und 5 Organisationen aus der Region Kampanien. Rund 2,9 Millionen Menschen leben in dem Gebiet, wo seit Jahrzehnten unter Beteiligung krimineller Organisationen teils giftige Abfälle aus ganz Italien vergraben, deponiert oder verbrannt werden. Die Gegend ist als „Terra dei fuochi“ (Land der Feuer) bekannt. Untersuchungen wiesen in der Region, die auch für Landwirtschaft genutzt wird, außergewöhnliche Belastungen der Böden mit Schwermetallen und Dioxin nach. Auch die Krebsrate ist erhöht.
Das Gericht sprach von systemischen Mängeln in der Reaktion des Staates. Statt angemessen strafrechtlich gegen die illegale Praxis vorzugehen und die Bevölkerung vor Gesundheitsrisiken zu warnen, hätten die Behörden sogar absichtlich Informationen geheimgehalten. Die von Mafia-Organisationen kontrollierte Müllentsorgung war nach Erkenntnissen der Richter seit 1988 bekannt. Sieben parlamentarische Untersuchungsausschüsse befassten sich mit dem Problem.
Die Klagen in dem Verfahren stammen von 2014/15, also aus der Zeit vor der aktuellen Regierung. Italien kann dem Urteil binnen drei Monaten widersprechen; andernfalls treten die Anordnungen in Kraft. Während der zweijährigen Umsetzungsfrist vertagt der Menschenrechtsgerichtshof seine Entscheidung über den immateriellen Schaden sowie über 36 weitere Beschwerden von insgesamt 4.700 Klägern aus der gleichen Region.
KNA
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