Regierung und Kirche in Mexiko starten Entwaffnungsprogramm
Mexiko-Stadt ‐ Mexiko leidet seit Jahrzehnten unter einem brutalen Drogenkrieg, illegalem Waffenschmuggel und einer steigenden Mordrate. Ein neues Programm soll nun Abhilfe schaffen: mit Prämien für die freiwillige Abgabe von Waffen.
Aktualisiert: 15.01.2025
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Für die Unterstützung des symbolträchtigen Projekts kam Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum eigens in die Basilika von Guadalupe in Mexiko-Stadt: „Wir sind entschlossen, Frieden in unserem Land zu schaffen“, sagte Sheinbaum laut mexikanischen Medienberichten. Mit einem gemeinsamen Programm zur freiwilligen Entwaffnung wollen die katholische Kirche, die Armee sowie die Bundesministerien für Sicherheit und Inneres die Mord- und Kriminalitätsrate in Mexiko senken.
„Ja zur Entwaffnung, Ja zum Frieden“ lautet das Motto des ambitionierten Projekts. „Wozu sind Waffen gut? Waffen sind ein Symbol der Gewalt, ein Symbol des Todes“, sagte Sheinbaum. Ähnliche Programme gab es auch schon in der Vergangenheit, weil aber Sheinbaum die Bekämpfung der prekären Sicherheitslage zu einer Kernaufgabe ihrer Präsidentschaft erklärt hat, erfuhr die Aktion nun besondere mediale Aufmerksamkeit.
Um die freiwillige Abgabe von Waffen zu fördern, will die Regierung eine Art „Entschädigung“ zahlen. Für selbst gebaute Waffen gibt es umgerechnet etwa 50 Euro, für einen Magnum-Revolver etwa 410 Euro, für ein Maschinengewehr des Typs AK-47 werden 1.200 Euro gezahlt. Aufgabe der Kirche in dem Projekt ist die anonyme Entgegennahme der Waffen von den Besitzern. Laut einem Bericht der mexikanischen Abgeordnetenkammer über Gewalt und Waffenhandel aus dem Jahr 2023 soll es mindestens 13 Millionen nicht registrierte Waffen im Land geben.
„Als Kirche werden wir immer Initiativen unterstützen, die sich für die Menschenrechte einsetzen und die Achtung des Lebens, der Würde, der Gerechtigkeit, des dauerhaften Friedens und der Werte der Menschen fördern“, sagte der Rektor der Basilika, Efrain Hernandez. Die gesamte mexikanische Gesellschaft sei eingeladen, sich an diesem Programm zu beteiligen.
In Mexiko tobt ein blutiger Krieg zwischen rivalisierenden Kartellen und Banden, der während der Präsidentschaft des Linkspopulisten Andres Manuel Lopez Obrador (2018-2024) knapp 200.000 Tote forderte. Schon während des Wahlkampfes hatte die katholische Kirche in Mexiko allen Kandidaten für das Präsidentenamt einen Sicherheitspakt vorgeschlagen, in dem Dutzende Vorschläge für eine Verbesserung der Lage enthalten waren. Die spätere Wahlsiegerin und inzwischen amtierende Präsidentin Sheinbaum hatte damals erklärt, sie teile die pessimistische Einschätzung der aktuellen Situation nicht - unterschrieb das Papier aber dennoch.
Angesichts einer neuen Welle der Gewalt hatten Vertreter der katholischen Kirche in Mexiko vor wenigen Wochen bei einem Treffen mit Innenministerin Rosa Icela Rodriguez ihre Besorgnis über die Lage im Land ausgedrückt. Wie das Portal Aristegui Noticias unter Berufung auf die kirchlich-zivilgesellschaftliche Initiative „Nationaler Dialog für den Frieden“ berichtete, hätten beide Seiten im Rahmen dieser Unterredung vereinbart, die Zusammenarbeit für die Friedenskonsolidierung in den von der Gewalt am stärksten betroffenen Gebieten des Landes zu stärken.
Das Thema Waffengewalt ist eines der sensibelsten Themen im Land. Jüngst verklagte Mexiko acht in den USA sehr einflussreiche Waffenproduzenten, darunter prominente Namen wie Smith & Wesson, Barret, Colt oder Sturm. Das Land argumentierte, der illegale Waffenschmuggel aus den USA habe entscheidend dazu beigetragen, dass das Land bei der Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit Schusswaffen weltweit auf dem dritten Platz liege. Die US-Justiz gab Mexiko in einem aufsehenerregenden Urteil in erster Instanz Recht, später musste Mexiko allerdings einen juristischen Rückschlag in der Sache hinnehmen. Sicher ist jedoch: Das Thema wird früher oder später erneut auf die Tagesordnung kommen.