Eine Erdhummel sitzt auf einer Blüte des Natternkopf in einem Magerbeet am 21. Juli 2023 in Augsburg. Symbolbild Naturschutz, Artenschutz, Flora, Garten
Forscher warnen vor „Papiertiger“

Weltnaturkonferenz COP 16 in Kolumbien hat begonnen

Cali  ‐ Es geht um den Schutz des Planeten – und viele Milliarden Dollar. Bei der Weltnaturkonferenz COP 16, die gestern in Cali begonnen hat, soll es um Umsetzung und Finanzierung konkreter Maßnahmen gehen. Wird das eine Trendwende einläuten?

Erstellt: 22.10.2024
Aktualisiert: 22.10.2024
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Unter dem Motto „Paz con la naturaleza“, also „Frieden mit der Natur“, hat am Montag in der kolumbianischen Stadt Cali die Weltnaturkonferenz COP 16 begonnen. Bis zum 1. November verhandeln rund 200 Staaten über konkrete Schritte zum Schutz der Natur und zum Erhalt der biologischen Vielfalt. Im Zentrum steht die vor zwei Jahren im Abkommen von Montreal vereinbarte Ausweitung von Schutzflächen. So sollen global jeweils 30 Prozent der Land- und Meeresflächen unter Schutz gestellt werden. Forscher sind jedoch skeptisch und warnen vor zu großen Erwartungen.

Neben den Schutzflächen sollen in Cali auch Maßnahmen beschlossen werden, um Plastikmüll, Pestizide und schädliche Subventionen zu reduzieren. Das Ökosystem sowie die Lebensgrundlagen der Menschheit sollen dadurch gesichert werden. Insgesamt hatten die großen Industriestaaten, aber auch China, Zusagen von 20 Milliarden US-Dollar jährlich ab 2025 im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit versprochen. Allerdings ist der Vertrag völkerrechtlich nicht verbindlich.

Forscher warnen deswegen, das Abkommen könne zu einem „Papiertiger“ werden. Wie effektiv es am Ende ist, werde davon abhängen, ob Schutzgebiete im politischen Alltag berücksichtigt werden. „Finanzierung ist sinnlos, wenn sie zum einen mit anderen Finanzierungsmechanismen konkurriert und wenn es zum anderen keine effizienten Strukturen für ihre Verteilung gibt“, sagte Naturforscher Yves Zinngrebe vom Leipziger Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung. „Wenn Landwirte zum Beispiel mehr Finanzierung für Intensivierung bekommen, wird die Förderung von nachhaltiger Nutzung in den Entscheidungen hinten runterfallen.“ Statt hoher neuer Ausgaben sei es deshalb wichtiger, naturschädliche Anreize zu reduzieren.

Auch der Hamburger Wissenschaftler Matthias Glaubrecht äußerte sich eher skeptisch über die Erfolgsaussichten der Konferenz. Schutzgebiete existierten derzeit vielfach entweder nur auf dem Papier oder seien zu klein und isoliert. Sofern nun keine wirkungsvollen Maßnahmen auf den Weg gebracht würden, stehe das Montreal-Abkommen vor dem Scheitern, warnte Glaubrecht. „Und dass dies nun ausgerechnet unter kolumbianischer Präsidentschaft geschehen soll, halte ich für kein gutes Vorzeichen.“

Gleichzeitig mahnte der Forscher, das Thema Klima und dessen Auswirkung auf das Artensterben bei der Konferenz nicht zu überhöhen. „Die Krise der Vielfalt ist eine menschengemachte Krise und keine Folge des Klimawandels. Es ist an der Zeit, just dies zu betonen und zu sagen, was ist.“ Die Transformation müsse zuvorderst beim globalen Ernährungs- und Energiesystem ansetzen.

Bereits am Wochenende hatte die Chefin der UN-Biodiversitätskonvention, Astrid Schomaker, ein anderes Naturverständnis eingefordert. Die Ökosysteme der Welt und auch in der EU seien oft in schlechtem Zustand und damit nicht mehr in der Lage, „das Grundwasser und das Klima zur Verfügung zu stellen, das wir für unsere Landwirtschaft brauchen“, sagte sie dem Deutschlandfunk.

Die 20 Milliarden Dollar jährlich seien zwar noch nicht erreicht, aber der Trend sei positiv, so Schomaker. Insgesamt wird der Gesamtbedarf für eine naturnahe Transformation der Wirtschaft weltweit auf 200 Milliarden Dollar pro Jahr geschätzt.

KNA