Agiamondo-Mitgliederversammlung 2024 im Kolping-Messehotel Köln-Deutz
Agiamondo-Mitgliederversammlung 2024

25 Jahre Ziviler Friedensdienst – und Erinnerungsarbeit in Zentralamerika im Fokus

Köln ‐ Die Anzahl der internationalen Fachkräfte ging 2023 leicht zurück, dennoch gab es bei dem internationalen katholischen Personaldienst Agiamondo auch Grund zur Freude. Denn ein besonders großes Personalprogramm hat sich bewährt.

Erstellt: 18.07.2024
Aktualisiert: 18.07.2024
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Im Rahmen der 76. Mitgliederversammlung hat der katholische internationale Personaldienst Agiamondo seinen Jahresbericht 2023 vorgestellt, den Vorstand neu gewählt und über ein Vierteljahrhundert Ziviler Friedensdienst (ZFD) reflektiert. Mit Blick auf das 25. Jubiläum des ZFD-Personalprogramm befassten sich die Anwesenden insbesondere mit den Wirkungen des ZFD-„Landesprogramms“ Zentralamerika, wo sich die Partnerorganisationen beispielsweise stark auf die Bearbeitung der gewaltvollen Vergangenheit konzentrieren.

Die Friedensverträge in Guatemala und El Salvador von 1992 und 1996 sahen dies bereits vor, inklusive der Würdigung der Opfer, der Unterstützung von Überlebenden und die Verfolgung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Umgesetzt wurde jedoch wenig. Auch wenn es in Guatemala beispielsweise zu einigen Verurteilungen kam – so auch des früheren Präsidenten Rios Montt – wurden viele Überlebende in ihren Hoffnungen auf Gerechtigkeit enttäuscht.

Seitens der Kirchen und der zivilgesellschaftlichen Organisationen gab es starke Initiativen, dem Vergessen entschieden zu begegnen. Das Menschenrechtsbüro des Erzbistums Guatemalas beispielsweise, sammelte über 5000 Zeugnisse von Überlebenden, die heute im Erinnerungszentrum Mons. Gerardis einzusehen sind. Agiamondo hat das Zentrum von Beginn an unterstützt und somit dazu beigetragen, Überlebenden und andere Interessierten Zugang zu diesen bedeutsamen Quellen zu ermöglichen. Mit Hilfe der vorhandenen Zeitzeugenaussagen konnten auch einzelne Gerichtsverfahren angestrebt werden, die die gewaltvollen Vorkommnisse in den Dörfern eindrucksvoll beschreiben.

Der langjährige Leiter des Erinnungszentrums, Nery Rodenas, unterstrich die Bedeutung des Leitsatzes von Bischof Gerardi, dem Namensgeber des Zentrums. Solange die Wahrheit nicht bekannt sei, würden die Wunden der Vergangenheit offen und unverheilt bleiben. „Nur mit der konsequenten der eigenen Vergangenheit wird es Guatemala möglich sein, eine hoffnungsvolle friedliche Zukunft zu gestalten”, betont der Experte. „Und dafür setzen wir uns mit ganzer Kraft ein.”

Nery Rodenas, Geschäftsführer des Menschenrechtsbüros des Erzbistums Guatemala-Stadt
Bild: © Damian Raiser/weltkirche.de

Nery Rodenas, Geschäftsführer des Menschenrechtsbüros des Erzbistums Guatemala-Stadt

Satzungsgemäß wurde bei der Mitgliederversammlung zudem der Agiamondo-Vorstand neu gewählt. Alle bisherigen Vorstandsmitglieder kandidierten erneut und wurden für die kommenden drei Jahre bestätigt. Den Angaben zufolge setzt sich der neue Vorstand zusammen aus:

  • Dr. Markus Demele (Vorsitzender), Generalsekretär des Kolping International Cooperation e.V.
  • Dr. Bernd Bornhorst (stellvertretender Vorsitzender), Vorstandsmitglied beim Bischöflichen Hilfswerk Misereor e.V.
  • Vincent Möller (Beisitzer), Vertreter der Rückkehrerinnen in der Mitgliederversammlung
  • Birgit Mock (Beisitzerin), Geschäftsführerin des Hildegardis e.V.
  • Dr. Regina Wildgruber (Beisitzerin), Bischöfliche Beauftragte für die Weltkirche und Freiwillige Dienste im Ausland im Bistum Osnabrück

Wirtschaftliche Situation „schwierig“

Wie aus dem im Rahmen der Mitgliederversammlung veröffentlichten Agiamondo-Jahresbericht 2023 hervorgeht, arbeiteten im vergangenen Jahr insgesamt 247 Fachkräfte mit einem Agiamondo-Vertrag in verschiedenen Personalprogrammen, ein leichter Rückgang im Vergleich zum Vorjahr (266). Von den 225 nach Entwicklungshelfergesetz (EhfG) vermittelten Personen arbeiteten 94 im Personalprogramm Ziviler Friedensdienst (ZFD). Regionale Schwerpunkte der personellen Zusammenarbeit bleiben dabei Afrika und Lateinamerika mit 141 (42 ZFD) beziehungsweise 81 (23 ZFD) Fachkräften. Die größten Auftraggeber waren 2023 Misereor, Caritas international, Comundo und DAHW.

Die wirtschaftliche Situation von Agiamondo nennt Geschäftsführerin Dr. Claudia Lücking-Michel derweil „schwierig“. Zwar falle durch eingesparte Personalkosten das Jahresergebnis besser aus als prognostiziert. Doch hätten sich die Erträge aus direkten Zuwendungen staatlicher Geber für die Finanzierung der Geschäftsstelle reduziert, während die Personalkosten gestiegen seien, so Lücking Michel. Für die Zukunft kündigt sie den Abbau weiterer Personalstellen an.

Agiamondo e. V. ist der staatlich anerkannte, katholische Personaldienst in Deutschland und vermittelt qualifizierte Fachkräfte für internationale Programme. Mit rund 260 Fachkräften weltweit fördert Agiamondo als Träger des Zivilen Friedensdienstes Friedens- und Versöhnungsprozesse in fünfzehn Landes- und Regionalprogrammen. Die Fachstelle für internationale Freiwilligendienste (FID) bietet darüber hinaus Beratungs- und Serviceleistungen an. Der Exposure- und Dialogprogramme e.V. (EDP), ein Teil von Agiamondo, ermöglicht Entscheidungsträger*innen das Miterleben anderer Lebens- und Arbeitskontexte zur besseren Verständigung der globalen Realitäten.

Agiamondo /dr

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