Klimawandel

Wie Kirchen Energie sparen können

Mülheim/Ruhr ‐ Bleibt die Kirche in diesem Winter kalt? Klimawandel und Ukraine-Krieg haben auch Auswirkungen auf das religiöse Leben in Deutschland. Energieberater sagen, was die Gemeinden tun können.

Erstellt: 08.09.2022
Aktualisiert: 21.09.2022
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Beim Netzwerk „Energie und Kirche“ in Mülheim an der Ruhr steht das Telefon nicht mehr still. Seit rund 10 Jahren beraten die Ingenieure und Energieexpertinnen Bistümer und Gemeinden zu Energieeffizienz und Klimaschutz. Ihre Ratschläge sind wichtiger denn je.

Mittlerweile sind 34 Bistümer und Landeskirchen im Netzwerk vertreten. „Die Grundidee ist: Man muss das Rad nicht überall neu erfinden; man kann gute Ideen und Erkenntnisse weitergeben und Projekte gemeinsam entwickeln“, sagt die Ingenieurin und Energieberaterin Sabine Jellinghaus am Donnerstag im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Spätestens seit der Umwelt-Enzyklika „Laudato si“ von Papst Franziskus von 2015 sind die Bewahrung der Schöpfung und der Umweltschutz zentrale Themen für die katholische Kirche. Zumindest in Verlautbarungen. Doch das Tempo beim konkreten Einsparen von Energie ist von Gemeinde zu Gemeinde und von Bistum zu Landeskirche sehr unterschiedlich. Jetzt zeigen der Krieg in der Ukraine und die drohende Energieknappheit mit neuer Dringlichkeit, dass ökologisches Verhalten auch eine Sache des Portemonnaies geworden ist.

Die Kirchen in Deutschland verfügen über eine Vielzahl unterschiedlicher Immobilien: Kitas, Pfarrhäuser, Gemeindehäuser oder Krankenhäuser. Bei ihnen gibt es wenige Unterschiede zu weltlichen Gebäuden. Da geht es um Wärmedämmung und Heizungstypen – vielleicht auch um die Schließung oder den Verkauf von Gebäuden.

Die Gotteshäuser selbst sind ein ganz anderes Thema. Das gilt schon wegen der Größe und des Alters – aber auch, weil hier Grundvollzüge christlichen Lebens stattfinden und die Sensibilität besonders groß ist.

Keine Kirche ist wie die andere: Sie unterscheiden sich in den verwendeten Baumaterialien, der Nutzung und in ihrem Denkmalwert. Viele alte Kirchen verfügen über keine Heizung. Erst in den vergangenen 70 Jahren wurden sie Standard. Schon allein wegen der Größe haben Kirchen meist ein sehr träges Temperaturverhalten: Altes Mauerwerk braucht durchaus zehn Stunden, um nur ein Grad wärmer zu werden, sagte Jellinghaus.

Auch die Luftfeuchtigkeit ist zentral für den Erhalt von Kunstwerken oder der Bausubstanz. Typisches Beispiel ist der aus Leder bestehende Blasebalg der Orgel, der austrocknen und reißen kann, wenn die Luftfeuchtigkeit zu niedrig ist.

„In vielen Kirchen wird die Temperatur zu den Sonntagsgottesdiensten einmal pro Woche auf 12 bis 15 Grad hochgefahren – ein enormer Aufwand“, sagt Jellinghaus. Die Basistemperatur bewegt sich meist zwischen 8 und 12 Grad und sollte in erster Linie danach ausgerichtet sein, wie Orgeln, Kunstwerke und Bausubstanz erhalten und vor Schimmel oder Austrocknung bewahrt werden können.

In ihren bislang vorgelegten Broschüren unterscheiden die Experten zwischen langfristigen und kurzfristigen Handlungsmöglichkeiten. Eine neue Heizanlage, eine bessere Wärmedämmung, der Einbau von Windfängen oder eine bauliche Aufteilung der großen Räume erfordern viel Planung und Geld.

Broschüre: Beheizen und Temperieren von Kirchen

Das Netzwerk Energie und Kirche hat wichtige Hinweise in einer Broschüre zusammengefasst, die Sie auf der Internetseite des Netzwerks bestellen oder herunterladen können.

Holzböden erhalten

Eine sehr wirkungsvolle kurzfristige Möglichkeit ist die Verminderung der Fußkälte. Daher sei es sinnvoll, die oft noch vorhandenen Holzböden zu erhalten, heißt es. Auch können Sisal-Teppiche und Sitzkissen-Heizungen für mehr Wohlbefinden bei Gottesdienstbesuchern sorgen.

Kirchenbesucher könnten natürlich auch darum gebeten werden, sich entsprechend warm anzuziehen, heißt es. Zudem könnten Decken bereitgestellt oder mitgebracht werden. Eine hohe symbolische Bedeutung hat der Verzicht auf die nächtliche Beleuchtung von Kirchen. In Köln und Speyer etwa verzichten Bistum und Stadt auf das nächtliche Anstrahlen der Dome.

In großen Städten könnte man sich darauf verständigen, im Winter weniger Kirchengebäude zu nutzen. Oder man könnte, wie der bayerische evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm kürzlich ankündigte, die Gottesdienste und Konzerte in Gemeindesäle verlagern.

Das könnte allerdings auch Ärger geben. Denn für viele Christen sind die Kirchen ein Stück Heimat, gerade in Advents- und Weihnachtszeit. Deshalb sind solche Maßnahmen sehr sensibel. Sie verlangen von den Gemeindeleitungen hohe Transparenz und Mitbeteiligung.

Von Christoph Arens (KNA)

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