„Die Katastrophe ist unfassbar“
München ‐ Wochenlange Regenfälle haben in Pakistan zu Überschwemmungen geführt. Rund ein Drittel der Landesfläche wurden überflutet; nach Regierungsangaben haben dadurch bislang rund 1.400 Menschen das Leben verloren. Dabei treffe die Flut vor allem die Ärmsten, berichten Partner von Missio München.
Aktualisiert: 27.09.2022
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„Millionen Menschen haben ihr Obdach verloren, viele Dörfer und ländliche Siedlungen sind völlig verschwunden“, berichtet Missio-Partner Bruder Zafar Daud, FSC aus Kushpur, Leiter eines Fortbildungszentrums für Katechisten im Distrikt Faisalabad. „Die Menschen haben nicht nur ihren Besitz, sondern auch ihr Vieh verloren. Viele Familien sind regelrecht davongeschwemmt worden. Menschen sind gezwungen, auf der Straße zu leben, ohne Zelte, Nahrung oder Lebensunterhalt.“ Besonders schwer treffe es Kinder. Sie erhielten nur zu essen, wenn es ihnen jemand bringe. „Es versuchen so viele Menschen, ihnen zu helfen, aber die Katastrophe ist unfassbar.“
Studenten mussten fliehen – sind aber sicher
Bruder Zafar Daud hat noch Glück: In Kushpur gab es zwar schwere Regenfälle, aber sie verliefen glimpflich. Studenten aus Hayderabad in der Provinz Sindh mussten mit ihren Familien vor den Fluten fliehen. Immerhin seien sie am Leben, sagt der Geistliche.
Von den Wassermassen besonders schlimm betroffen sind neben Sindh die Provinzen Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa. Bruder Zafar sammelt mit anderen Menschen in Kushpur Lebensmittel und notwendige Materialien, um sie in die überfluteten Gebiete zu schicken. Wenngleich die Regenfälle aufgehört haben, bleibt die Gefahr groß, denn die Angst vor Krankheiten wächst: „Es wird erwartet, dass viele Menschen aufgrund des stehenden Wassers erkranken werden.“
Flut trifft die Ärmsten
Das kann Mervyn F. Lobo, Leiter des Marie Adelaide Leprosy Centre (MALC) in Saddar im Großraum von Karachi, nur bestätigen. Er besuchte ein medizinisches Camp, das seine Organisation zusammen mit der Deutschen Lepra- und Tuberkulosehilfe in dem völlig überfluteten Dorf Tando Jan Mohammad in Sindh für die Bewohner errichtet hat. „Die Familien mussten auf höher gelegene Flächen umziehen. Die Frauen und ihre Kinder leiden an durch das Wasser verursachten Krankheiten und sind eindeutig unterernährt“, schildert er die Lage. Das Elend sei besonders groß, da viele Dorfbewohner – Kinder wie Erwachsene – an Behinderungen litten.
In dem Camp werden die Menschen mit Medikamenten, Wasser und Fruchtsaft versorgt, die Kinder erhalten außerdem Kekse. Betroffen machte Lobo allerdings nicht nur die Hochwasserkatastrophe, sondern die allgemeine Armut der Menschen dort sowie ihr schlechter Gesundheitszustand. So sei ein alter Mann von der Familie in einer zerfetzten Hütte zurückgelassen worden, was kein Einzelfall gewesen und schlicht auf Hilflosigkeit der Menschen zurückzuführen sei.
Die Organisation MALC, die von der Deutschen Ruth Pfau mitaufgebaut wurde und Leprazentren im ganzen Land führt, leistet nicht nur in Tando Jan Mohammad Nothilfe. „Wir erhalten verzweifelte Anrufe von unseren Leprazentren in den betroffenen Gebieten“, sagt Mervyn F. Lobo. Derzeit gibt es bereits in sechs weiteren vom Hochwasser zerstörten Orten Camps: in Thatta, Larkana, Kandhkot, Musakhel, Nasirabad und Lasbela.
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Bischof von Islamabad fürchtet Nachwirkungen
Unterdessen warnte der Bischof der pakistanischen Hauptstadt-Diözese Islamabad-Rawalpindi, Joseph Arshad, die Katastrophe werde mit dem Rückgang der Wassermassen noch schlimmere Not verursachen. Die Nachwirkungen der Flut könnten das Ausmaß der aktuellen Schäden sogar weit übersteigen, sagte er dem Informationsdienst SIR (Dienstag). Die Landwirtschaft sei schwer getroffen, was die Zukunft unzähliger Familien gefährde. Zudem wurden laut dem Vorsitzenden der Pakistanischen Bischofskonferenz viele Schulen zerstört.
Laut UN-Angaben benötigen mehr als 6,4 Millionen von den Überschwemmungen betroffene Menschen in Pakistan dringend humanitäre Hilfe. Fast 634.000 Personen, die ihr Zuhause verloren, leben in Camps.
Den Angaben zufolge wurden eine Million Häuser zerstört und 80.000 Hektar Ackerland verwüstet sowie rund 3.400 Kilometer Straßen und 149 Brücken einfach weggespült. Auch die 14-Millionen-Stadt Karachi wurde schwer getroffen, „die Häuser der Armen wurden weggefegt wie Zweige", berichtete Bischof Arshad – „und noch immer reißen die Regenfälle nicht ab".
Missio München/weltkirche.de