Solidarität mit Frauen in Not
Solwodi

Solidarität mit Frauen in Not

Jeden Tag erleben Frauen Gewalt – das zeigt die Arbeit von Solidarity with Women in Distress, kurz „Solwodi“. Auch Elena aus dem Kosovo hat sich an die katholische Hilfsorganisation gewandt. Erst nach wochenlangen Gesprächen mit den Sozialarbeiterinnen zeigte sich das gesamte Ausmaß ihres Leidenswegs.

Erstellt: 04.09.2016
Aktualisiert: 26.07.2022
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Elena ist nur eine von 1.700 Frauen, die sich im Jahr 2015 an Solwodi gewandt hat. Nach zehn Jahren Prostitution konnte sie fliehen und kam schwer traumatisiert zur katholischen Frauenhilfsorganisation. Erst nach Wochen, nach vielen Gesprächen mit den Sozialarbeiterinnen, zeigte sich das ganze Ausmaß. Bis heute hat die junge Frau das Erlebte nicht verarbeitet, hat ständig wiederkehrende Flashbacks.

Elena berichtete, dass sie aus ärmlichen Verhältnissen kommt, im Kosovo trotz mittlerem Bildungsabschluss keine Arbeit gefunden hat. Den Vorschlag ihres Freundes, „für kurze Zeit“ in die Prostitution zu gehen, lehnte sie zunächst empört ab. Es folgten zehn quälende Jahre in der Wohnungsprostitution in mehreren westeuropäischen Ländern.

Zwei Mal wurde Elena „von guten Freunden“ zur Abtreibung gezwungen, damit sie nicht zu lange ausfällt. Bei der letzten Schwangerschaft wurde sie so schwer misshandelt, dass sie ihr Baby verlor.

Hilfe für Opfer von Zwangsprostitution, Zwangsehen und häuslicher Gewalt

Solwodi (Solidarity with Women in Distress) setzt sich für Frauen in Not ein, die ihre Situationen alleine nicht bewältigen können. Mit bundesweit 19 Fachberatungsstellen und sieben Schutzwohnungen hilft die Menschenrechtsorganisation Opfern von Zwangsprostitution, Zwangsehen oder häuslicher Gewalt mit Beratung, Betreuung und Unterstützung. Auch durch die Vermittlung einer Ausbildung entstehen neue Lebensperspektiven.

Bei Elena ist zurzeit noch nicht an eine Ausbildung zu denken. Mit Medikamenten und einer Psychotherapie muss sie erst stabilisiert werden, auch stehen noch zahlreiche Behördengänge für sie an.

Ihre Landsfrau Dunja arbeitete bereits als Minderjährige in Deutschland in der Prostitution. Von dem Geld, das sie verdiente, hat sie nichts gesehen. Ihre Krankenakte ist lang: Schläge, Selbstverletzungen, eine tiefe Depression. Zuhause im Kosovo wartete ein kleines Kind, die Sehnsucht war so groß, dass sie am Ende dorthin zurück wollte.

Frauen wie Dunja, die alleinstehend oder alleinerziehend sind, hilft Solwodi mit seinem Rückkehrerinnenprojekt, damit die Frauen sich mit einem Kredit in ihrer Heimat eine neue wirtschaftliche Existenz aufbauen können.    

Solwodi-Gründerin fordert Verbot von Sexkauf

Wie viele osteuropäische Frauen kam Dunja – nach Einführung des Prostitutionsgesetzes im Jahre 2002 – nach Deutschland. Schwester Lea Ackermann, erste Vorsitzende von Solwodi Deutschland, kritisiert das Gesetz, das  die Sittenwidrigkeit der Prostitution aufhob, aufs Schärfste: „Der Sexmarkt hat sich damit zum lukrativsten und risikofreiesten Geschäft entwickelt, Deutschland wurde zum Bordell Europas. Statt des Prostituiertenschutzgesetzes, das 2017 in Kraft treten und das Gewerbe regulieren soll, brauchen wir ein Sexkaufverbot wie etwa in den nordischen Ländern und Frankreich.“

„Deutschland wurde zum Bordell Europas.“

—  Zitat: Sr. Lea Ackermann, Solwodi-Gründerin

Auch die Erstkontakte in den Solwodi-Beratungsstellen sprechen eine deutliche Sprache. Bereits 1.300 Frauen haben bis Juni 2016 mit den Mitarbeiterinnen Kontakt aufgenommen, eine Steigerung von 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Betreuung für traumatisierte Flüchtlingsfrauen

Seit 2015 betreut die Frauenrechtsorganisation auch hoch traumatisierte Flüchtlingsfrauen und deren Kinder in einem separaten Schutzhaus. Dort werden die Frauen und Kinder in geschützter Atmosphäre stabilisiert, bevor sie Sprachkurse absolvieren, in Praktika vermittelt werden oder eine Berufsausbildung beginnen.

Für diejenigen, die aus vermeintlich „sicheren“ Herkunftsstaaten kommen, ist es 2016 nochmals schwieriger geworden, Asyl zu erhalten. Ihre Stellung als Frau in einer patriarchalischen Gesellschaft, ihre persönlichen Schicksale – Missbrauch, Vergewaltigungen, erzwungener Schulabbruch durch die Familie – reichen bei Gericht und Behörden nicht aus. So auch im Fall von Bina. Sie musste durch die Hilfe von Solwodi den Weg über eine Härtefallkommission gehen, bevor gesichert war, dass sie eine Ausbildung beginnen konnte.

Von Ruth Müller, Solwodi

Stand: September 2016

 

Zuletzt aktualisiert: 05.03.2022 (LSP)