„Keinerlei Sonderrecht“
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„Keinerlei Sonderrecht“

Kirchenasyl ‐ Die katholische Kirche bleibt bei der „ultima ratio“: Laut einer aktuellen Handreichung will sie auch weiterhin Kirchenasyl gewähren. Zugleich mahnen die Bischöfe einen sorgfältigen Umgang mit dieser Praxis an.

Erstellt: 31.08.2015
Aktualisiert: 17.05.2024
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Caputh in Brandenburg, Pfronten im Allgäu, das sauerländische Menden - nur drei Beispiele für Orte, an denen in den vergangenen Wochen Kirchenasyl für Flüchtlinge gewährt wurde. Solche Fälle sollen auch künftig möglich sein: Am Montag erklärten die katholischen Bischöfe in Deutschland, an der Praxis festhalten zu wollen. Zugleich betonten sie in einer in Bonn veröffentlichten Handreichung, dass diese Form der Hilfe „in ihrer heutigen Ausgestaltung keinerlei Sonderrecht gegenüber dem Staat beansprucht“.

Das Kirchenasyl biete stattdessen Gelegenheit, mit den „zuständigen staatlichen Stellen in Dialog zu treten, die rechtliche Lage noch einmal genau zu prüfen und neue Aspekte vorzutragen, die in einem konkreten Fall bisher nicht berücksichtigt wurden“, erklärte der Vorsitzende der Migrationskommission der Deutschen Bischofskonferenz, der Hildesheimer Bischof Norbert Trelle. Ziel des Verfahrens müsse es sein, angesichts drohender humanitärer Härten im konkreten Einzelfall eine erneute Prüfung zu ermöglichen und somit „im Einvernehmen mit den Behörden nach Recht und Gesetz eine Lösung zu finden“.

Hitzige Debatte

Nach einer hitzigen Debatte zu Jahresbeginn hatten sich die Kirchen und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) auf ein neues Verfahren geeinigt. Demnach sollen Kirchenvertreter die Möglichkeit bekommen, Einzelfälle erneut vom Bundesamt überprüfen zu lassen, im Idealfall, noch bevor die betroffenen Personen ins Kirchenasyl aufgenommen werden. Im Spätherbst soll es zu einer Bewertung des Verfahrens kommen. Für die Kommunikation sollen zentrale Ansprechpartner sowohl auf Seiten der Kirchen wie auch des BAMF benannt werden.

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Deutschlandweit gibt es nach jüngsten Zahlen der Ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche 293 Fälle von Kirchenasyl mit 454 Personen, darunter 95 Kinder. Das entspreche, so die Bischofskonferenz, einem "deutlichen Zuwachs" seit August 2014, als die Arbeitsgemeinschaft 135 Kirchenasyle mit 244 Personen zählte. Die Zahl der besonders umstrittenen „Dublin-Fälle“ wird aktuell mit 256 angegeben.

Nach der Dublin-III-Verordnung müssen Flüchtlinge im europäischen Erstaufnahmeland Asyl beantragen. Um nicht für das Verfahren zuständig zu sein, muss Deutschland Flüchtlinge zudem binnen sechs Monaten in das Erstaufnahmeland zurückschicken.

Die Befürworter des Kirchenasyls sind der Ansicht, dass bei diesen Abschiebungen nach der Dublin-Verordnung die Menschenrechte nicht immer gewahrt werden. Unter Verweis auf die Situation in Italien, Ungarn, Bulgarien und auf Malta warnt die Bundesarbeitsgemeinschaft etwa vor Familientrennungen und Obdachlosigkeit. Auch werde die besondere Schutzwürdigkeit von Kindern sowie traumatisierten oder kranken Flüchtlingen nicht berücksichtigt.

Kirchenasyl als „Ultima Ratio“

Klar ist: Wer heute Kirchenasyl gewährt, verstößt gegen geltendes Recht. Die Behörden können – rechtlich betrachtet – Flüchtlinge aus Gemeinderäumen und Kirchen herausholen lassen. Wiederholt haben die Bischöfe das Verfahren als „Ultima Ratio“ bezeichnet. In ihrer aktuellen Handreichung mahnen sie zu einem sorgfältigen Umgang mit diesem „kostbaren Gut“. Es handle sich um eine „Form des gewaltlosen zivilen Ungehorsams“, heißt es.

Gemeinden und Ordensgemeinschaften müssten sich der Konsequenzen bewusst sein, die ihr Handeln haben könne. „Für diese Konsequenzen müssen sie auch selbst einstehen.“ In jedem Einzelfall müssten das zuständige Katholische Länderbüro sowie das BAMF oder die örtliche Ausländerbehörde unterrichtet werden.

Menschenrechtsorganisationen wie Pro Asyl hatten sich zu Jahresbeginn hinter die Kirchen gestellt; auch Politiker von SPD, Grünen und Linken bekräftigten den Wert des Kirchenasyls. Die Zahlen scheinen ihnen Recht zu geben: Nach Schätzungen dürfen 80 bis 90 Prozent derjenigen, die im Kirchenasyl waren, langfristig bleiben.

Hoffnung sieht die Bundesarbeitsgemeinschaft unterdessen für die 70 Syrer, die derzeit in Kirchenasylen leben. Sie gehe davon aus, dass die Kirchenasyle alle bald aufgelöst werden könnten, sagte die Vorsitzende Dietlind Jochims in Berlin. Das BAMF hatte in der vergangenen Woche das Dublin-Verfahren für Flüchtlinge aus Syrien ausgesetzt.

Von Paula Konersmann (KNA)

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