Die Kehrseite des Rohstoff-Booms
Bild: © Misereor

Die Kehrseite des Rohstoff-Booms

Konfliktrohstoffe ‐ Rohstoffe für die Produktion von Laptops oder Handys finanzieren direkt oder auf Umwegen Konflikte auf der Welt: Diesem Tatbestand wollen die USA und jetzt auch Europa Herr werden. Vor den heute beginnenden EU-Verhandlungen zu Konfliktrohstoffen fordern Entwicklungsorganisationen strengere Regeln und mehr Transparenz.

Erstellt: 01.02.2016
Aktualisiert: 05.08.2022
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Rohstoffe für die Produktion von Laptops oder Handys finanzieren direkt oder auf Umwegen Konflikte auf der Welt: Diesem Tatbestand wollen die USA und jetzt auch die EU Herr werden. Dazu treffen sich ab diesem Montag Vertreter von Parlament, Europäischer Kommission und den einzelnen Mitgliedsstaaten in Straßburg. „Trilog“ heißen ihre Verhandlungen rund um das Thema Konfliktrohstoffe. Ziel ist es, zu einer europäischen Verordnung zu kommen, die den Handel mit diesen Stoffen an schärfere Bedingungen knüpft.

Zu Konfliktrohstoffen gehört neben Gold, Wolfram und Zinn auch Koltan (Tantal), dessen Abbau und Handel etwa in der Demokratischen Republik Kongo immer wieder Ursache für gravierende Menschenrechtsverletzungen, gewaltsame Konflikte und  Umweltschäden ist. Tantal findet vor allem in Elektrogeräten wie Laptops und Handys Verwendung, für die die Europäische Union der weltweit zweitgrößte Handelsplatz nach den USA  ist.

Entwicklungsorganisationen für strenge Regeln im Rohstoffhandel

Im Vorfeld der EU-Verhandlungen verlangte ein Bündnis von Entwicklungsorganisationen strengere Regeln für den Handel mit Mineralien aus Konfliktregionen. Das katholische Entwicklungshilfswerk Misereor forderte die EU am Freitag in Aachen auf, sicherzustellen, dass an den in die EU importierten und mit Konfliktrohstoffen hergestellten Produkten „weder Blut und Leid der Armen im Kongo kleben, noch die Kleinschürfer einseitig den Preis für gesetzliche Regulierungen tragen“.

„Wir sagen, dass Voraussetzungen geschaffen werden müssen, dass soziale Standards und Umweltstandards entwickelt werden, dass es Gesundheitsstandards gibt und eine große Transparenz bei der Ausbeutung dieser Rohstoffe – kurz, eine Sorgfaltspflicht“, erklärte Misereor-Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel am Montag im Interview mit Radio Vatikan.

Dabei ginge es besonders um die Situation in der Demokratischen Republik Kongo und in den Anrainerstaaten Burundi, Ruanda und andere. „Wir kennen die Länder und ihre Konflikte. Die Ausbeutung der Rohstoffe darf da nicht noch mehr Öl ins Feuer gießen“, warnte Spiegel.

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Misereor wies darauf hin, dass die USA 2010 auf die untragbare Situation im Kongo reagiert und börsennotierte Firmen, die in den Vereinigten Staaten aktiv sind, verpflichtet habe, die Herkunft bestimmter Rohstoffe transparent zu machen. Auch China habe beschlossen, die Standards der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung der Vereinten Nationen (OECD) zu Sorgfaltspflichten von Unternehmen entlang der Lieferketten umzusetzen.

Spiegel kritisierte die EU-Kommission, die 2014 lediglich eine auf Freiwilligkeit fußende Verordnung für den Handel mit Konfliktrohstoffen vorgelegt habe. Sie bleibe weit hinter den notwendigen Standards zurück. Das Europäische Parlament hatte diesen Kommissionsentwurf als nicht weitreichend genug zurückgewiesen.

Unternehmen in der Pflicht

Mit Blick auf die Konsumwirtschaft erklärte die Christliche Initiative Romero (CIR) am Freitag in Münster, alle Unternehmen stünden in der Verantwortung, ihre Lieferkette zu überprüfen und Maßnahmen einzuleiten, um eine direkte oder indirekte Finanzierung von Bürgerkriegen oder massiven Menschenrechtsverletzungen zu verhindern. Die Organisation Germanwatch mahnte, die Bundesregierung müsse dafür sorgen, dass sich auch die Hersteller von Autos oder Elektronik nicht länger aus der Verantwortung stehlen könnten.

Nach Darstellung von Misereor wurden 2014 rund 66,8 Millionen Tonnen an Metallen mit einem Gesamtwert von 39 Milliarden Euro nach Deutschland importiert. Zudem kämen Rohstoffe über Vor- oder Endprodukte ins Land. So sei Deutschland 2013 mit 64 Millionen Mobiltelefonen und 15 Millionen Laptops der drittgrößte Importeur dieser Produkte weltweit und der größte in Europa gewesen. (Misereor/Radio Vatikan/KNA/lek)

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