Misereor fordert Perspektivwechsel bei Nothilfe
Bild: © Misereor

Misereor fordert Perspektivwechsel bei Nothilfe

Humanitäre Hilfe ‐ Am Montag beginnt in Istanbul der erste Humanitäre Weltgipfel. Ziel ist es, die Krisen- und Katastrophenhilfe effizienter zu gestalten. Die direkt betroffenen Menschen müssen dabei stärker in den Mittelpunkt rücken. Das fordert das Entwicklungshilfswerk Misereor im Vorfeld des UN-Gipfels.

Erstellt: 19.05.2016
Aktualisiert: 28.07.2022
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Vor dem am Montag beginnenden ersten Humanitären Weltgipfel der Vereinten Nationen fordert Misereor einen Perspektivwechsel. Bei Konflikten und Katastrophen müssten die direkt betroffenen Menschen stärker in den Mittelpunkt von Nothilfe und Wiederaufbau rücken, erklärte der Hauptgeschäftsführer des katholischen Hilfswerks, Pirmin Spiegel, am Donnerstag in Aachen.

Diese Menschen seien „keine hilflosen Opfer“, sondern wüssten am besten um die eigenen Bedürfnisse und die der Gemeinschaft, in der sie lebten. „Nothilfe darf Selbsthilfeansätze nicht untergraben und neue Abhängigkeiten schaffen“, betonte Spiegel.

Der Misereor-Hauptgeschäftsführer sprach sich auch für eine stärkere Verzahnung von kurzfristiger Nothilfe, mittelfristigem Wiederaufbau und langfristiger Entwicklungszusammenarbeit aus. „Nach einer Katastrophe sollten wir es nicht dabei belassen, zerstörte Gebäude, Infrastruktur und anderes mehr wieder aufzubauen. Unser Ziel muss es sein, die Lebensbedingungen vor Ort möglichst zu verbessern“, so Spiegel.

Misereor verwies in diesem Zusammenhang auf das Konzept „Linking Relief, Rehabilitation and Development“ (LRRD, Verzahnung von Nothilfe, Wiederaufbau und Entwicklung), das in den 1980er Jahren entwickelt worden sei, in der Praxis jedoch bis heute nicht ausreichend umgesetzt werde. „Der humanitäre Weltgipfel bietet eine echte Chance, dass LRRD einen neuen Schub bekommt“, so der Misereor-Hauptgeschäftsführer.

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Fluchtursachen wirksam bekämpfen

Das LRRD-Konzept müsse auch in seiner Bedeutung für die Bekämpfung von Fluchtursachen anerkannt werden. Mehr als 60 Millionen Menschen befänden sich derzeit weltweit auf der Flucht vor Krisen, Konflikten und den Folgen des Klimawandels. „In Istanbul müssen Regierungen, die Vereinten Nationen, internationale Hilfsorganisationen sowie die Privatwirtschaft gemeinsame, solidarische Antworten auf diese Entwicklungen finden. Jeder ist in der Pflicht“, appellierte Spiegel.

Zum Humanitären Weltgipfel am kommenden Montag und Dienstag (23./24. Mai) im türkischen Istanbul werden Vertreter aus Politik, Wirtschaft und von Nichtregierungsorganisationen erwartet. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will an den Bosporus reisen, ebenso wie eine Delegation aus dem Vatikan. Ziel des Treffens ist unter anderem, die Krisen- und Katastrophenhilfe effizienter zu organisieren und sie besser auf die Bedürfnisse der Bevölkerung in den betroffenen Gebieten abzustimmen.

Spiegel kritisierte, dass eine verbindliche Resolution nicht vorgesehen sei und es stattdessen freiwillige Selbstverpflichtungen geben solle. „Bedauerlicherweise wurde bislang kein Mechanismus für eine Überprüfung der Gipfelergebnisse festgelegt. Es stellt sich die Frage, wer diese Selbstverpflichtungen nachverfolgen und gegebenenfalls einfordern wird.“ (lek/KNA/Misereor)

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