
Offener Brief von Kirchen an CSU
Flucht und Asyl ‐ In einem offenen Brief haben sich Vertreter beider Kirchen in die Debatte um christliche Werte in Bayern eingeschaltet. An die 100 Unterzeichner fordern einen Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik.
Aktualisiert: 28.05.2018
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In einem offenen Brief haben sich Vertreter beider Kirchen in die Debatte um christliche Werte in Bayern eingeschaltet. „Eine Politik ist unserer Meinung nach dann christlich und sozial, wenn sie sich verantwortungsvoll an den Realitäten einer zunehmend globalisierten Welt orientiert“, heißt es in dem am Montag in Nürnberg veröffentlichten Schreiben. Darin lehnen die Unterzeichner eine reine Symbolpolitik ab und fordern, dass christliche Werte nicht nur in Parteiprogrammen, sondern auch in konkreten tagespolitischen Entscheidungen zum Ausdruck kommen.
Initiatoren des Briefes sind der Jesuit und Sozialwissenschaftler Jörg Alt, der katholische Würzburger Hochschulpfarrer Burkard Hose und die Juristin Beatrice von Weizsäcker, die auch Mitglied des Präsidiums des Evangelischen Kirchentags ist.
In dem Brief fordern sie und weitere 100 Unterzeichner von der CSU-Spitze und Wählern einen Wandel in der aktuellen Debatte um Einwanderung und Werte. Es gelte, Flüchtlingspolitik von den Fluchtursachen und nicht von (Ober-)Grenzen her zu denken. Schutzsuchende dürften nicht in Krisengebiete abgeschoben werden. Armutsverringerung erfordere zudem auch eine angemessene Besteuerung nach Leistungsfähigkeit. Mit diesen und weiteren Anpassungen könne Bayern zu einer „sozial gerechten und ökologisch nachhaltigen Modellregion“ werden. „Wir appellieren an Sie: Es ist nicht zu spät, den aktuellen Kurs zu korrigieren“, heißt es im Brief.
Einer der ersten Unterzeichner war der Präsident von Missio München, Monsignore Wolfgang Huber. „Im politischen Tagesgeschäft und im Ringen um Lösungen darf das Bewusstsein dafür nicht verloren gehen, dass keine gesetzliche Obergrenze, keine Abschottungs- und Ausgrenzungspolitik gegenüber Flüchtlingen dauerhaft verhindern kann, dass Menschen aus den ärmsten Teilen der Welt sich auf den Weg machen, um im reichen Europa eine bessere Zukunft zu finden.“
Nur, wenn die Länder des Südens eine echte Chance erhielten, werde es zu einem globalen Gleichgewicht kommen. „Andernfalls lassen wir große Teile unserer Erde zu einer ökonomischen und menschlichen Wüste werden“, betonte Monsignore Huber. „Ob in den Flüchtlingslagern Kenias oder im zerrütteten Irak: Nirgendwo habe ich Menschen getroffen, die freiwillig ihre Heimat verlassen haben. Doch um bleiben zu können, braucht es grundlegende Rahmenbedingungen der Stabilität und Sicherheit.“ Eine christliche und soziale Asylpolitik müsse diesen Gesichtspunkten Rechnung tragen, besonders in den Entscheidungen, welche Regionen zu „sicheren Herkunftsländern“ erklärt würden.
Der offene Brief in voller Länge
Statement Beatrice von Weizsäcker
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