Zukunftshaus in Würzburg will nachhaltigen Konsum bündeln

Zukunftshaus in Würzburg will nachhaltigen Konsum bündeln

Fairer Handel ‐ Das Zukunftshaus in Würzburg will Möglichkeiten nachhaltigen Konsums an einem Ort bündeln. Unverpacktläden, Biosupermärkte und Fahrradverleih - alles soll an einem Ort zu einer Art „nachhaltigem Kaufhaus“ zusammengeschlossen werden.

Erstellt: 31.05.2019
Aktualisiert: 31.05.2019
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Das Zukunftshaus in Würzburg will Möglichkeiten nachhaltigen Konsums an einem Ort bündeln. Unverpacktläden, Biosupermärkte und Fahrradverleih - alles soll an einem Ort zu einer Art „nachhaltigem Kaufhaus“ zusammengeschlossen werden. Die Teilnehmer der Jahrestagung Weltkirche und Mission haben sich mit dem Ideengeber in der Umweltstation Würzburg getroffen, um mehr über seine Pläne zu erfahren.

Technischen Fortschritt mit neuen Konsummodellen verbinden

Dahinter steht der Verein „Sonntagskind Zukunftshaus e.V.“, der am 10. März 2019 in Würzburg gegründet wurde. Vorsitzender des Teams aus zehn Leuten ist der Würzburger Matthias Pieper. „Die Erde setzt uns klare Grenzen für unseren Ressourcenverbrauch. Wir wollen, dass sie auch für unsere Kinder und Enkel erhalten bleibt. Deshalb braucht es eine andere Art von Konsum“, sagt der dreifache Vater. Pieper ist mit einer Peruanerin verheiratet und betreibt mit „Mariposa Fair Trade“ selbst einen Handel mit Strickmode aus Peru. „Leider wird in Peru und besonders in der Hauptstadt Lima der Konsum groß geschrieben. Das ist so ziemlich das Gegenteil von dem, was wir mit dem Zukunftshaus planen“, so der 35-Jährige, der auch Vorstandsmitglied von FAIR BAND in Berlin ist, einem Netzwerk von Importeuren und Händlern für fair gehandelte Produkte. „Den Gedanken der Nachhaltigkeit muss sich eine Gesellschaft eben auch leisten können. Deswegen ist es so wichtig, dass wir hier mit gutem Beispiel vorangehen und unseren technischen Fortschritt mit neuen Konsummodellen verbinden“, so der Würzburger.

„Ist das hier das Zukunftshaus?“ Ein erster Moment der Verwirrung, als die Teilnehmer der Exkursion vor dem Neubau mit Blick über Würzburg stehen. Denn der ovale Bau aus Beton, Glas und Holzstäben mutet durchaus futuristisch an. Doch schnell stellt sich heraus – das hier ist die Umweltstation Würzburg – das Zukunftshaus gibt es noch nicht. Es ist erstmal noch eine Idee und darüber sollen die Teilnehmer der Jahrestagung Weltkirche und Mission zum Thema „Klimagerechtigkeit“ bei dieser Exkursion mehr erfahren.

Bild: © Claudia Zeisel/weltkirche.de

Ein Bildungszentrum für nachhaltige Entwicklung

Zunächst erkunden die Ordensfrauen und Mitarbeiter kirchlicher Organisationen aber das, was schon da ist: Die Umweltstation gibt es seit der Landesgartenschau 1990. Sie ist ein Zentrum für Abfall, Energie- und Umweltberatung sowie Bildung für nachhaltige Entwicklung. Erst vor wenigen Tagen hat es hier ein Fair-Trade-Fest gegeben, darüber hinaus strömen – wie auch an diesem Tag – Schulklassen hierher, um Imker-Seminare zu besuchen. Auch Kindergeburtstage können hier gefeiert werden mit entsprechenden Spielen zum Thema Umwelt und Klima. Schüler und Studenten können hier mehrwöchige Praktika oder später ein Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ) absolvieren. Nichts für schwache Nerven sind allerdings die Schlangen-Terrarien, in denen mehrere Arten von Würgeschlangen leben. Aber auch das ist Natur!

Nach dem Würzburger Vorbild gibt es mittlerweile rund 60 anerkannte Umweltstationen in Bayern. Der 2019 eröffnete Neubau ist aber ein besonderer Leuchtturm auf diesem Gebiet: Er besteht aus insgesamt rund 600 Kubikmetern Beton – davon 80 Prozent recycelt unter anderem aus einer alten Autobahnbrücke. Des Weiteren hat sie ein ganz besonderes Energiesystem: Eine mit einer Photovoltaikanlage gekoppelte Eisspeicherheizung.

Für Innovation auch mal etwas riskieren

Der Klimaschutzmanager der Stadt Würzburg, Philipp Mähler, erklärt den Teilnehmern dieses System. Der Eisspeicher besteht aus einer Zisterne, die sich unter dem Parkplatz des Gebäudes befindet. Sie besteht ebenfalls aus Beton, hat einen Durchmesser von sieben Metern und drei Metern Tiefe. In der Zisterne befinden sich Kunststoffleitungen, in denen eine frostsichere Wärmetauscherflüssigkeit (Sole) zirkuliert. Die Zisterne ist gefüllt mit rund 110 Kubikmetern Wasser. Der Wärmetauscher entzieht dem Wasser Energie und leitet sie weiter an eine Wärmepumpe. Diese Wärme wird dann für die Fußbodenheizung genutzt. Weil das Wasser mehr und mehr Wärme an den Wärmetauscher abgibt, sinkt die Temperatur und es bildet sich Eis. Durch die Photovoltaikanlage auf dem Dach der Umweltstation und durch den Boden kommt die Wärme dann wieder zurück in die Zisterne. „Durch diesen Kreislauf wird die Temperatur des Hauses stets reguliert“, so Philipp Mähler.

So viel Innovation hat natürlich ihren Preis: Rund 4,5 Millionen Euro kostete der Gebäudekomplex. „Doch man muss auch risikofreudig sein und etwas investieren, um Innovation zu schaffen“, so Mähler. Eine Anregung, die auch für kirchliche Pilotprojekte solcher Art wertvoll sein könnte.

Bild: © Claudia Zeisel/weltkirche.de

Zukunftshaus: Die Erde für die Enkel bewahren

Das Zukunftshaus, um das es hier heute gehen soll, will sich erst einmal auf bereits bestehende Immobilien konzentrieren. Denn das, was dort später einmal reinkommen soll, braucht vor allem eines: Platz. Hier sollen Lebensmittelgeschäfte mit fairen und regionalen Produkten, Tauschgeschäfte, Verleihorte von Maschinen oder Fahrrädern, Reparaturläden, Arbeitsräume und gastronomische Einrichtungen versammelt werden. Alles Angebote, die es in Würzburg bereits gibt – aber eben in der ganzen Stadt verteilt und nicht für jeden bekannt. Mit dem Zukunftshaus könnte eine Art „nachhaltiges Einkaufszentrum“ entstehen, bei dem auch Menschen, die noch nicht so viel über nachhaltigen Konsum wissen, einen Überblick über die Angebote bekommen.

Dahinter steht der Verein „Sonntagskind Zukunftshaus e.V.“, der am 10. März 2019 in Würzburg gegründet wurde. Vorsitzender des Teams aus zehn Leuten ist der Würzburger Matthias Pieper. „Die Erde setzt uns klare Grenzen für unseren Ressourcenverbrauch. Wir wollen, dass sie auch für unsere Kinder und Enkel erhalten bleibt. Deshalb braucht es eine andere Art von Konsum“, sagt der dreifache Vater. Pieper ist mit einer Peruanerin verheiratet und betreibt mit „Mariposa Fair Trade“ selbst einen Handel mit Strickmode aus Peru. „Leider wird in Peru und besonders in der Hauptstadt Lima der Konsum groß geschrieben. Das ist so ziemlich das Gegenteil von dem, was wir mit dem Zukunftshaus planen“, so der 35-Jährige, der auch Vorstandsmitglied von FAIR BAND in Berlin ist, einem Netzwerk von Importeuren und Händlern für fair gehandelte Produkte. „Den Gedanken der Nachhaltigkeit muss sich eine Gesellschaft eben auch leisten können. Deswegen ist es so wichtig, dass wir hier mit gutem Beispiel vorangehen und unseren technischen Fortschritt mit neuen Konsummodellen verbinden“, so der Würzburger.

Bild: © Franz Gerhard/stock.adobe.com

Nachhaltigkeit wird in Würzburg groß geschrieben

In seiner Heimatstadt gebe es hierfür einen fruchtbaren Boden, sagt er: „Das Bewusstsein in der Bevölkerung ist bereits stark vorhanden; von den 120.000 Würzburgern sind schließlich 20.000 Studenten.“ Rund 120 Verbände und Organisationen im Bereich Nachhaltigkeit gibt es in Würzburg. Dazu gehören Unverpacktläden, Biosupermärkte, ein Fahrrad-Kurier, der Transporte von einem Gewicht bis zu 80 Kilogramm übernimmt. „All diese Insellösungen wollen wir an einen Ort bringen, um auch neue Leute anzusprechen.“

Pieper arbeitet in Würzburg zudem in einem der umsatzstärksten Weltläden Deutschlands. Hier macht er allerdings die Erfahrung, dass es einen Generationenwechsel gibt. „Die Weltläden sind überaltert und es herrscht zurzeit die Sorge, wie man Nachwuchs finden kann“, erklärt Pieper. Schließlich arbeiten die meisten hier ehrenamtlich mit. „Es ist wichtig, dass solche Jobs im Zukunftshaus entsprechend entlohnt werden.“

Für all das muss das Zukunftshaus nun eine finanzielle Basis schaffen. Hierbei findet der Verein unter anderem Unterstützung bei der Stadt Würzburg. Auch mit dem Umweltbeauftragten des Bistums Würzburg steht das Team im Kontakt. Die Suche nach einer Immobilie ist ebenfalls noch nicht abgeschlossen. Pieper zeigt sich dennoch zuversichtlich: „Das Ziel ist, dass wir das Zukunftshaus im Herbst 2020 in Betrieb nehmen können.“

Von Claudia Zeisel

© weltkirche.de