Ugandas Autokrat Museveni – Herrscher auf Lebenszeit?
Uganda ‐ Als Ugandas Präsident Yoweri Museveni vor drei Jahrzehnten ins Amt kam, waren drei Viertel seiner Bürger noch nicht geboren. Die Amtsgeschäfte weitergeben - das kommt für den umstrittenen Landesvater aber nicht infrage.
Aktualisiert: 06.08.2019
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Als Ugandas Präsident Yoweri Museveni vor drei Jahrzehnten ins Amt kam, waren drei Viertel seiner Bürger noch nicht geboren. Die Amtsgeschäfte weitergeben - das kommt für den umstrittenen Landesvater aber nicht infrage.
Das sehen Autofahrer in Uganda nicht alle Tage: Am Pannenstreifen der Autobahn ruht ein älterer Herr mit Hut in einem Campingstuhl. Er telefoniert. Vorbeifahrende grüßt er mit gerecktem Daumen. Bald hat sich eine Traube Schaulustiger um ihn versammelt. Beim zweiten Blick wird klar: Es ist der Staatschef, Yoweri Museveni, der hier Rast einlegt. Eine halbe Stunde später geht die Fahrt weiter. Wollte er mit der Aktion, über die 2016 bald die ganze Nation lachte, Bürgernähe demonstrieren? Es bleibt eines von vielen Rätseln, das einer der dienstältesten Präsidenten Afrikas seiner Nation aufgibt.
Um den 15. September herum wird Museveni, Autokrat über die „Perle Afrikas“, 75 Jahre alt. Sein exaktes Geburtsdatum ist wegen fehlender Krankenhaus-Aufzeichnungen nicht dokumentiert. Noch bei seinem Amtsantritt vor 33 Jahren bezeichnete er Diktatoren als Afrikas größtes Entwicklungshindernis. Die Opposition unterdrückt, die Presse kurzgehalten, werfen Kritiker Museveni heute vor, sich selbst zu einem von Afrikas Problemfällen verwandelt zu haben.
2018 kippte er mithilfe des Parlaments das Höchstalter für Präsidenten – und könnte damit bis an sein Lebensende regieren. Auf die Gesetzesnovelle folgten landesweit Proteste. Doch seinen Kritikern entgegnete der Präsident: Nach drei Jahrzehnten besitze er die nötige Erfahrung, um richtig zu herrschen.
Dem selbstbewussten Regierungsstil ging eine bescheidene Kindheit voraus. 1944 wurde Museveni als Sohn eines Viehhirten und einer Hausfrau in der damaligen britischen Kolonie geboren. Doch er hatte große Träume, studierte Wirtschaft, Rechtswissenschaft und Politik im benachbarten Tansania. Dort lebte er im Exil, lernte seine spätere Frau Janet kennen – und mobilisierte gegen das politische Establishment in seiner 1962 unabhängig gewordenen Heimat Uganda.
Zeitsprung: Heute gilt Museveni als Bezwinger von Ugandas Diktatoren. Er kämpfte gegen die Terrorherrschaft Idi Amins, später gegen das Regime von Milton Obote und bezwang schließlich auch seinen Vorgänger Tito Okello. Nach Musevenis Putsch 1986 hegten die Ugander neue Hoffnung. Und tatsächlich erzielte der neue Regent einige Erfolge – im Kampf gegen Aids, beim Mitspracherecht für Frauen, in puncto Wirtschaft und Sicherheit. Bloß eine Hoffnung mussten die Ugander bald aufgeben: mehr Demokratie.
Dass Museveni nach drei Jahrzehnten im Amt wenig Widerspruch duldet, mussten im vorigen Jahr auch die katholischen Bischöfe des Landes feststellen. Sie kritisierten die Gesetzesänderung, durch welche das präsidiale Höchstalter gekippt wurde; einer sprach gar von „Hochverrat“. Bald herrschte Streit zwischen Kirche und Regierung. Der Präsident sprach von einer „Provokation“ durch Kirchenführer. Prinzipiell ist Musevenis Verhältnis zu Religion gespalten. 2017 erklärte er: Gebete hätten Afrika rückständig gemacht. Wie Europäer sollten Afrikaner „mehr arbeiten und weniger beten“.
Also doch ein aufgeklärter Liberaler? Im Gegenteil. Persönliche Freiheiten empfindet Museveni als eher lästig. Das wird etwa an seiner Verteidigung für Ugandas strenge Anti-Homosexuellen-Gesetze sichtbar. Die sorgten in der Vergangenheit nicht nur in Deutschland, sondern auch im Vatikan für rege Kritik. Auch zu Hause sind für Museveni die Rollen klar geregelt. „Der Herr des Hauses sollte nie die Küche betreten“, erklärte er kürzlich – und erntete neben Gelächter allgemeinen Zorn.
Politische Mitsprache ist aus Sicht des ugandischen Patriarchen tabu. Immer wieder werden Kritiker in Uganda verhaftet. Im April wurde der beliebte Popstar und Oppositionspolitiker Bobi Wine wegen seiner Teilnahme an Protesten festgenommen. Trotzdem will er bei der nächsten Wahl 2021 als Kandidat gegen den in die Jahre gekommenen Autokraten antreten. In der Vergangenheit gab es gegen den Präsidenten immer wieder den Vorwurf des Wahlbetrugs.
Für Adelheid Magister, Wirtin im österreichischen Städtchen Unterolberndorf, steht fest: „Er ist ein Mensch, den ich gern zum Freund habe. Aber zum Feind möchte ich ihn keinesfalls.“ Sie muss es wissen, denn in ihrem Wirtshaus trafen vor 34 Jahren die Rebellenführer der National Resistance Army zusammen, um die Zukunft Ugandas zu planen und eine neue Verfassung auszuarbeiten.
Der „Befreiungskampf im Weinviertel“ scheint längst vergessen. Daher appellierte der ugandische Akademiker und Politaktivist Yash Tandon vor kurzem an seinen „guten Freund“ Museveni: „Bitte Herr Präsident, lassen Sie eine jüngere Generation übernehmen.“ Aber Museveni dürften solche Ratschläge höchstens wundern. Vor seiner umstrittenen Wiederwahl vor drei Jahren fragte er seine Widersacher: „Wie könnte ich eine Bananenplantage verlassen, die ich selbst gepflanzt habe, jetzt da sie beginnt, Früchte zu tragen?“