Frage: Menschenhandel ist ein großes Problem auf den Plantagen.
Schwester Annie: Auf den Teeplantagen stellten wir zudem fest, dass viele der Kinder nicht zur Schule gehen. Sie streifen umher und riskieren, von Menschenhändlern mitgenommen zu werden. Die Menschenhändler versprechen den Eltern bessere Bildung, Jobchancen und ein besseres Leben für ihre Kinder. Die Eltern sind oft ungebildet und glauben das, auch weil sie Geld brauchen. Die Menschenhändler geben ihnen dann einen kleinen Betrag und nehmen die Kinder mit in ferne Großstädte. Dort gehen die Kinder aber nicht in die Schule und haben auch keine Papiere oder Mittel, um zurück nach Hause zu kommen. Die Eltern wissen oft gar nicht, wo die Kinder hingebracht werden. Oft landen sie in reicheren Haushalten und müssen dort unter sklavenähnlichen Bedingungen arbeiten. Junge Mädchen geraten häufig in die Prostitution.
Frage: Wie helfen Sie, um diesem Menschenhandel vorzubeugen?
Schwester Annie: Wir haben in den Dörfern ein Bewusstseinsprogramm begonnen und zeigen den Menschen mit Videos und Theaterstücken das Vorgehen der Menschenhändler. Ein großer Erfolg war, dass sich die Menschen in den Orten selbst zu Initiativen zusammengeschlossen haben, um sich dieses Themas anzunehmen. Eine Gruppe rief uns eines Abends an, weil sie gehört hatten, dass drei Mädchen eine Verabredung mit einem Menschenhändler für den nächsten Morgen am Bahnhof hatten. Also schickten wir sie am nächsten Morgen dorthin und der Menschenhändler zeigte sich nicht einmal – sie konnten alle Mädchen retten.
Frage: Sie haben acht Jahre lang indigene Volksgruppen im Bundesstaat Meghalaya begleitet. Auf welche Herausforderungen und Probleme sind Sie dabei gestoßen?
Schwester Annie: Die indigenen Völker in Nordostindien leben sehr zurückgezogen. Wir sind zu ihnen gegangen, haben ihnen Essen gegessen und ihre Sprachen gelernt. Sie waren froh und empfanden es als Segen, dass ein Pater oder eine Schwester zu ihren Familien gekommen sind. Wir haben sie auf die Taufe vorbereitet, auf die Heilige Kommunion, auch auf Hochzeiten. Polygamie ist dort noch an der Tagesordnung. Wir versuchen das mithilfe von Bildung zu überwinden. Vor allem den jungen Frauen versuchen wir beizubringen, dass ein Mann nur eine Frau haben sollte. Das ist nicht einfach und braucht Zeit.
Das Interview führte Claudia Zeisel.
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