In den anderen asiatischen Ländern haben sich Erzbischof Simon Poh Hoon Seng von Kuching in Malaysia sowie Erzbischof William Goh von Singapur am klarsten gegen Missbrauch positioniert. Auf den Philippinen weiß Schwester Mary John Mananzan von vielen Fällen des Missbrauchs von „Jungen, Mädchen, Nonnen und anderen Frauen“. Die Bischofskonferenz reagiere darauf jedoch „nicht in angemessener Weise“, zitieren katholische Medien die Aktivistin und ehemalige Ko-Vorsitzende des Verbandes der Ordensoberen.
Frauen und Kinder haben in asiatischen Gesellschaften einen schweren Stand. Die Philippinen gelten als Paradies für Pädophile und nehmen eine globale Spitzenstellung bei Online-Sex mit Kindern und Kinderpornos im Internet ein. In Indien sind Vergewaltigungen von Kindern fast trauriger Alltag. „Kinder und Frauen werden in asiatischen Gesellschaften nicht nur als sexuelle Objekte angesehen, sondern werden für minderwertiger gehalten als Männer“, sagt Saldanha.
Mit einer Enthüllungsgeschichte wagte sich im Februar 2018 das im kambodschanischen Phnom Penh erscheinende Magazin „Southeast Asia Globe“ an das Tabuthema sexueller Kindesmissbrauch in buddhistischen Klöstern – dessen Ausmaß es mit dem weltweiten Missbrauchsskandal der Kirche verglich.
Aus zwei kulturellen Gründen ist sexueller Missbrauch in Asien ein Tabuthema: Respekt vor Mächtigen und, wie es der philippinische Kardinal Luis Tagle 2012 in Rom sagte, der „Kultur der Schande“. „In asiatischen Kulturen beschmutzt die Schande einer Person die Familie, den Clan und die Gemeinschaft. Schweigen wird daher als die einzige Alternative zur Wahrung von deren Ehre angesehen.“
Virginia Saldanha ist inzwischen zusammen mit der Frauenorganisation Voices of Faith in Rom. Sie wollen die Kultur des Schweigens brechen, Bischöfe und Papst an ihre Verantwortung erinnern und konkrete „Strukturen zum Umgang mit Missbrauch“ fordern.
Von Michael Lenz (KNA)
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