Frage: Herr Nowak, Missio hat anlässlich des Papstbesuchs in Abu Dhabi bessere Arbeitsbedingungen für Migranten auf der Arabischen Halbinsel angemahnt. Welches sind die zentralen Probleme?
Nowak: In Ländern wie den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) oder Katar besteht die Mehrheit der Bevölkerung aus Migranten. In den VAE machen Migranten 80 Prozent der Gesamtbevölkerung aus. Katar hat 2,6 Millionen Einwohner, davon sind 90 Prozent ausländische Arbeiter. Sie kommen meist aus ärmeren Ländern wie Nepal, Indien oder aus den Philippinen. Katar wiederum gehört zu den Ländern mit dem höchsten Pro-Kopf-Einkommen der Welt. Da sind selbst die Hungerlöhne, die in diesen Ländern für die Arbeitsmigranten gezahlt werden, teilweise immer noch besser als das, was sie zuhause verdienen würden. Doch der Preis, den die Arbeiter in den Golfstaaten zahlen, ist hoch: Es gibt ausbeuterische Arbeitsverhältnisse, mangelhafte Sicherheitsbedingungen besonders auf den Baustellen und es gibt auch sexuelle Gewalt gegen Haushälterinnen und Kindermädchen.
Frage: Für Arbeitsmigranten, die neu in ein Emirat wie Katar kommen, ist eine Art Patenschaft verpflichtend – das sogenannte Kafala-System. Wie genau funktioniert das?
Nowak: Nach dem Kafala-System muss der Arbeitgeber eine Bürgschaft für das Visum und die Aufenthaltsdauer des Arbeitnehmers in dem Land übernehmen. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber den Migranten gleichsam in der Hand hat. Wenn er mit der Arbeit unzufrieden ist, kann er jederzeit dafür sorgen, dass der Migrant das Land verlassen muss. Oft werden die Pässe einbehalten, sodass der Arbeiter nicht eigenständig wieder ausreisen kann. Dieses Kafala-System bedeutet eine absolute Kontrolle des Arbeitgebers über den Arbeitnehmer und ermöglicht eine moderne Form der Sklaverei.