Seine Erkrankung nötigte ihn zum Kürzertreten. Ende 2003 wechselte er in das ruhigere Amt des päpstlichen Archivars und Bibliothekars; Johannes Paul II. nahm ihn im Oktober 2003 ins Kardinalskollegium auf. Nachdem sich Taurans Gesundheitszustand stabilisiert hatte, berief ihn Benedikt XVI. 2007 zum Präsidenten des Rates für den Interreligiösen Dialog, zu dem auch eine eigene Kommission für Beziehungen mit Muslimen gehört.
Diese schwierige Aufgabe bekleidete er bis zuletzt. Wie heikel sie ist, erfuhr Tauran unmittelbar, als er nach den Irritationen um die „Regensburger Rede“ Benedikts XVI. vom September 2006 – er hatte mit einem akademischen historischen Zitat Muslime weltweit erzürnt – das Verhältnis zum Islam beruhigen musste. Tauran erledigte den Job im Stil eines Spitzendiplomaten: unprätentiös, geduldig und sachorientiert.
Im März 2015 erhielt Tauran sein bislang letztes und ehrenvollstes Amt: als „Camerlengo der Heiligen Römischen Kirche“. Diesem „Kardinalkämmerer“ kommt nach dem Ausscheiden des Papstes durch Tod oder Amtsverzicht bis zur Wahl eines Nachfolgers eine maßgebliche Rolle im Vatikan zu.
Der Camerlengo ist etwa für die Vorbereitung der Papstwahl und die Verwaltung der päpstlichen Güter während der sogenannten Sedisvakanz zuständig. Zudem versiegelt der Kämmerer nach dem Tod eines Papstes dessen Gemächer und veranlasst das Zerbrechen des päpstlichen Fischerrings. Nun findet der Mann, auf den für einen Moment die ganze Welt blickte, selbst seine letzte Ruhe.
Von Burkhard Jürgens und Alexander Brüggemann (KNA)
© KNA/cze