
Müller: Blick wieder mehr auf Fluchtursachen richten
Entwicklungspolitik ‐ Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) ruft dazu auf, weniger intern zu streiten und stattdessen den Blick wieder mehr auf die Fluchtursachen zu lenken. Die Caritas Österreich warnt vor einer Abschottung Europas. Kritik kommt vielfach an den geplanten Transitzentren.
Aktualisiert: 04.07.2018
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Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) ruft dazu auf, weniger intern zu streiten und stattdessen den Blick wieder mehr auf die Fluchtursachen zu lenken. Die Caritas Österreich warnt vor der Abschottung Europas. Geplante Transitzentren werden vielfach kritisiert.
Das Thema Fluchtursachen kommt dem Entwicklungsminister „viel, viel zu kurz in vielen innenpolitischen Debatten“, sagte Müller der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ am Mittwoch. Die momentane Art zu streiten sei dagegen „kein Vorbild für die Jugend und verheerend in der Außenwirkung“.
Derzeit gebe es eine dramatische Entwicklung zum Beispiel in Südsyrien, so der Minister. Von dort seien in den letzten Wochen 330.000 Menschen geflohen. In und um Syrien lebten acht Millionen Menschen in Notunterkünften, im Libanon gebe es 1,2 Millionen Flüchtlinge bei einer Bevölkerung von sechs Millionen.
Der Beitrag Europas für die Herkunfts- und Krisenländer sei vollkommen unzureichend, kritisierte Müller mit Blick auf den jüngsten Brüsseler Kompromiss: „Man hat 500 Millionen Euro umgeschichtet, aus dem Entwicklungsfonds genommen, in den Krisenfonds gegeben. Das ist linke Tasche, rechte Tasche, das kann es wirklich nicht sein.“
Die Entwicklungspolitik müsse langfristig Stabilität und Frieden schaffen und dürfe nicht als kurzfristiger Brandlöscher benutzt werden. Im Übrigen werde Brüssel auch mit der mehrjährigen Finanzplanung 2020 bis 2027 dem Nachbarkontinent Afrika nicht gerecht, so Müller weiter. Man habe für diese Periode die Finanzmittel von 4,5 auf 5,5 Milliarden Euro „um gerade einmal eine Milliarde pro Jahr erhöht. Das ist ein Witz.“
Jeder große europäische Politiker gelobe in seinen Reden die Bekämpfung der Fluchtursachen, ergänzte der Minister: „Wenn das nicht eine Floskel sein soll, dann muss die EU jetzt in einer ganz anderen Dimension in die Zukunft Afrikas investieren.“
Auch die Caritas Österreich mahnte im domradio-Interview dazu, „den Blick zu weiten“ auf die Fluchtursachen. Das Thema komme nicht in Wortmeldungen, aber in den Taten der politisch Verantwortlichen zu kurz, kritisierte der Generalsekretär für Internationale Programme bei Caritas Österreich, Christoph Schweifer. Die europäische Politik müsse Afrika in den Fokus stellen und neue Partnerschaften eingehen, um Lebensperspektiven und Chancen der Menschen zu schaffen. „Alles andere sind in Wirklichkeit Placebo-Maßnahmen“, so der Caritas-Experte.
Als Beispiel nannte er Burundi, von wo in den vergangenen zwei Jahren 400.000 Menschen in die Nachbarländer geflohen seien. Die Geflüchteten wollten in der Nähe ihrer Heimat bleiben und wieder zurückkehren, sagte Schweifer. „Erst wenn diese Hilfe vor Ort nicht gesichert ist, erst wenn die Leute nicht genügend zu essen haben, wenn die Kinder nicht in die Schule gehen können, dann machen sie sich weiter auf den Weg.“ Niemand verlasse leichtfertig seine Heimat. Aufgabe etwa der EU sei es deswegen, diese Notlagen zu verringern.