Santos: Friedensprozess in Kolumbien dauert noch viele Jahre
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Santos: Friedensprozess in Kolumbien dauert noch viele Jahre

Kolumbien ‐ Die Umsetzung des Friedensprozesses in Kolumbien wird nach den Worten von Staatspräsident Juan Manuel Santos noch viele Jahre dauern. Dies gelte insbesondere für die Entschädigung der 8,5 Millionen registrierten Opfer des jahrzehntelangen Bürgerkriegs, so Santos in Münster.

Erstellt: 11.05.2018
Aktualisiert: 11.05.2018
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Die Umsetzung des Friedensprozesses in Kolumbien wird nach den Worten von Staatspräsident Juan Manuel Santos noch viele Jahre dauern. Dies gelte insbesondere für die Entschädigung der 8,5 Millionen registrierten Opfer des jahrzehntelangen Bürgerkriegs, sagte Santos am Donnerstag beim Katholikentag in Münster.

Bisher seien immerhin 800.000 Opfer des Konflikts zwischen dem Staat und der linksgerichteten FARC-Guerilla entschädigt worden. Insgesamt wirke sich das Ende des Bürgerkriegs aber spürbar aus. Regionen, die jahrzehntelang im Würgegriff der Kämpfe gestanden hätten, blühten nun wieder auf. Santos erhielt 2016 den Friedensnobelpreis für seine Rolle im Friedensprozess.

Der Regierungschef zeigte sich überzeugt, dass auch die am Donnerstag in Kuba begonnenen Friedensverhandlungen mit der kleineren ELN-Guerilla zu einem Waffenstillstand führen werden. „Auch die ELN weiß, dass es zum Frieden keine Alternative gibt.“

Santos verteidigte überdies die sogenannte Übergangsjustiz, die eine weitgehende Amnestie für Kriegsverbrechen vorsieht und lediglich die schlimmsten Taten mit bis zu acht Jahren Haft ahnden soll. Dagegen gibt es in Kolumbien weiter starken Widerstand.

Bei dem Podiumsgespräch in Münster gab es aber auch skeptische Stimmern. Der Leiter der Nationalen Versöhnungskommission und Erzbischof von Tunja, Luis Augusto Castro Quiroga, kritisierte zu spärliche Fortschritte bei der Landreform. Der Gesetzgeber tue zu wenig gegen die krasse Ungleichverteilung von Landbesitz. Er beklagte zudem die anhaltend hohe Zahl von Morden an Menschenrechtsaktivisten. Es gebe auch zu wenig Geld für die Eingliederung entwaffneter Rebellen.

Der Hauptgeschäftsführer des katholischen Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat, Michael Heinz, wies auf die bedrohte Lebenssituation indigener Völker im Amazonasgebiet hin und bat Staatspräsident Santos, sich stärker für deren Belange einzusetzen. In den Amazonasregionen gebe es ein „Niemandsland“ ohne jede Staatsgewalt; dieses Vakuum werde von bewaffneten Gruppen gefüllt, die mit großer Gewalt ihre Interessen durchsetzten.

Die kolumbianische Regierung und die FARC hatten sich 2016 nach vierjährigen Verhandlungen auf ein Friedensabkommen verständigt. Im Rahmen dieses Prozesses zogen rund 7.000 Kämpfer in sogenannte Befriedungszonen um und übergaben ihre Waffen an die Vereinten Nationen. Wenig später gründete die FARC eine eigene Partei. Im jahrzehntelangen Konflikt zwischen Staat und Guerilla starben rund 300.000 Menschen.

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