Frage: In Ihrem Bericht erwähnen Sie, dass Behördenwillkür oft der Wendepunkt sei, der Jugendliche in die Arme von Extremisten treibt, etwa die Erschießung eines Freundes oder Verwandten. Sind also Afrikas Regierungen für die Radikalisierung der Jugend verantwortlich?
Yahya: 71 Prozent der Befragten gaben an, dass Hass auf die Regierung ihnen den entscheidenden Grund lieferte, einer extremistischen Organisation beizutreten. Wenn die Regierung unverhältnismäßig harte Sicherheitsmaßnahmen ergreift, kann das die Rekrutierung terroristischer Gruppen begünstigen. Daher sollten sie energischer darauf pochen, dass die Sicherheitskräfte bei ihren Aktionen Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte stärker respektieren.
Frage: Sie sprachen mit knapp 500 Jugendlichen aus verschiedenen Terrororganisationen. Welche genau waren das, und wieso sprachen die Jugendlichen überhaupt mit Ihnen?
Yahya: Wir befragten ehemalige Kämpfer von Boko Haram aus Westafrika, Al-Shabaab in Ostafrika, des „Islamischen Staats“ in Nordafrika und kleinerer Gruppierungen. Etwa 200 lehnten ein Interview ab, andere sprachen offen mit uns. Wir knüpften Kontakt durch Regierungen und lokale Organisationen.
Frage: Nigerias früherer Staatspräsident Goodluck Jonathan sagte einst, man müsse religiösen Extremismus mit Schulen, Jobs und besserer Infrastruktur bekämpfen. Weil sein vermeintlich zu geringer Einsatz gegen Boko Haram bei Nigerianern schlecht ankam, wurde er abgewählt. Hatte er nicht eigentlich Recht?
Yahya: Unser Bericht hält fest, dass militarisierte Antworten und Sicherheitsinterventionen allein nicht die Lösung sind. Ohne Respekt für Menschenrechte und Entwicklungsbedürfnisse bewirken sie sogar das Gegenteil. Vor allem in entlegenen Regionen, wo der Extremismus blüht, ist es deshalb entscheidend, die Entwicklung zu fördern – das heißt, in wirtschaftliche Erneuerung investieren, die Infrastruktur fördern und Haushalte vor Ort unterstützen.