Der Papst weiß um die Saboteure dieses Projekts, er nennt sie beim Namen: jene, die aus Drogen Profit ziehen, die Umwelt zerstören, Arbeiter ausbeuten, eine Wirtschaft, die „Millionen von Menschen der Armut aussetzt“. Er verurteilt auch einen Pazifismus, der vor Prinzipienreiterei fühllos wird gegenüber dem Leid vieler Menschen.
Zugleich verlangt er, die Kirche müsse „unbeirrt“ eine Gerechtigkeit suchen, die der Nächstenliebe nichts wegnimmt. In den Tagen zuvor forderte er eine gesellschaftliche Integration jener Täter, die in Wort und Tat bereit sind zur Umkehr. Das ist eine der schwierigsten Hürden im Friedensprozess.
„Wir können nicht in Frieden zusammenleben, ohne mit dem zu tun zu bekommen, was das Leben korrumpiert und attackiert“, sagt Franziskus. Da ist sie wieder, die Mahnung an die Kirche, sich die Hände schmutzig zu machen. Am stärksten wiegt aber die Aufforderung zur Vergebung: „für die Rettung jener zu beten, die geirrt haben, und nicht für ihre Vernichtung“.
Staatspräsident Juan Manuel Santos hatte es bei der Begrüßung des Papstes am Donnerstag in einer für Politiker ungewöhnlichen Offenheit gesagt: „Wir müssen fähig werden, zu vergeben und um Vergebung zu bitten.“ Dass auch der Papst um Vergebung bittet dafür, dass sich die Kirche, ungeachtet ihrer Opfer und Martyrien, jahrzehntelang einspannen ließ für eine Politik der Reichen und Mächtigen – das hätten sich vor allem in den Basisgemeinden viele gewünscht.
Nur im Ansatz, in eine Frage verpackt, bekennt Franziskus in Cartagena Versäumnisse: „Wieviel haben wir unterlassen, als wir zuließen, dass die Barbarei im Leben unseres Volkes Gestalt annahm?“ Es gab Heilige wie den Jesuitenmissionar Pedro Claver, den Patron der Menschenrechte, der im 17. Jahrhundert in Cartagena für die Würde von Schwarzen und Sklaven eintrat; aber unter Tausenden von Christen war es, so der Papst, nur „eine Handvoll Menschen“, die sich der herrschenden Kultur entgegenstellte.
Franziskus verlässt Kolumbien mit einem fast banalen Schlussgedanken: „Den ersten Schritt tun“, das heiße, ohne Vorleistung auf den anderen zuzugehen; ohne Anspruch, selbst Verzeihung zu finden, geliebt zu werden. Einfach ein erster Schritt. Aber das Einfachste ist das Schwerste.
Von Burkhard Jürgens (KNA)
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