Hunger und Konflikt führen zum „Braindrain“
Vertreibung, Hunger und Konflikt – das sind die Zutaten für den Giftcocktail, an dem der junge Staat zu ersticken droht. Mitte Juni hatten bewaffnete Milizen den Oberarzt eines Provinzkrankenhauses erschossen, zur gleichen Zeit zwangsrekrutierten sie 14 Lehrer und Gesundheitsarbeiter. Eine Klinik und zwei Schulen mussten schließen. Unvermeidbar: Der „Braindrain“, den fliehende Ärzte, Ingenieure und Lehrer auslösen, also die Abwanderung von Spezialwissen. Zu dem Vakuum an Fachkräften kommt eine verlorene Generation hinzu, der Großteil der Vertriebenen sind Kinder und Jugendliche.
Vier Millionen Südsudanesen fristen derzeit in den Lagern für Binnenvertriebene oder im Ausland ihr Dasein. Unter ihnen ist auch Anwalt Boutros, der heute in Ugandas Hauptstadt Kampala lebt. Er klagt, die Abspaltung vom Sudan vor sechs Jahren habe eine korrupte Elite im Südsudan unter Führung der regierenden Sudanesischen Volksbefreiungsbewegung (SPLM) geschaffen. Die rief zwar kürzlich zu einem „nationalen Dialog“ auf, doch die bewaffnete Opposition zweifelt an der Aufrichtigkeit des Friedensangebots.
Unterdessen fliehen täglich mehr als 800 Südsudanesen über die Grenze in den Sudan. „Wie ich wünscht sich die Mehrheit keine Wiedervereinigung mit dem Sudan und hofft weiterhin, dass der interne Konflikt friedlich beigelegt werden kann“, so Boutros. „Die Massenflucht unseres Volkes deutet aber darauf hin, dass der Südsudan als Staat gescheitert ist.“
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