Micus: Sie sprechen den Fall von Moisés an, einem dreijährigen Junge vom Volk der Wayuu, der größten indigenen Gruppe Kolumbiens. Seine Mutter, Luz Ángela Uriana, hat mit unserer Unterstützung eine Verfassungsklage eingereicht. Die Richter haben in zwei Instanzen festgestellt, dass die Grund- und Menschenrechte von Moisés in Gefahr sind, und einen Aktionsplan angeordnet, der die Emissionen des Kohlebergbaus reduzieren soll. Das war auch eine unserer Forderungen. Darüber hinaus halten wir es für notwendig, dass unabhängige Studien über die Auswirkungen des Tagesbaus auf die Gemeinden in La Guajira durchgeführt werden. Zudem haben wir uns vor Gericht dafür eingesetzt, dass ein Abbaugebiet von Cerrejón, das nur zwei Kilometer von Luz Ángela Urianas Haus entfernt liegt, geschlossen wird. Diesen Wünschen sind die Richter leider nicht nachgekommen.
Frage: Fühlen Sie sich hier als Anwaltskollektiv von den Gerichten im Stich gelassen? Sie sind schließlich dafür da, die Rechte der eigenen Bevölkerung zu verteidigen und zu schützen.
Micus: Die beiden Urteile zugunsten von Moisés haben uns sehr positiv überrascht – auch wenn uns die Konsequenzen daraus nicht weit genug gingen. Das große Problem in Kolumbien sind nicht die Gerichte, sondern die nachlässige Umsetzung der Urteile. Das ist auch unsere große Sorge im Fall „Moisés“. Wir werden ganz genau verfolgen, ob der Aktionsplan zur Reduzierung der Emissionen auch durchgeführt wird.
Ein großes Problem dabei ist die Vormachtstellung des Bergbauunternehmens Cerrejón in La Guajira. Es ist der einzige große Arbeitgeber in der Region. Darum trauen sich viele Leute nicht, die Wahrheit auszusprechen – entweder aus Angst, ihren Job zu verlieren, oder weil sie immer noch die Hoffnung haben, einen Arbeitsplatz bei Cerrejón zu bekommen. Aus den indigenen und afroamerikanischen Gemeinden arbeiten leider nur sehr wenig Menschen für den Bergbau-Riesen. Obwohl das Unternehmen seit 30 Jahren in La Guajira große Gewinne einfährt, zählt die Region immer noch zu den ärmsten Kolumbiens.
Frage: Deutschland ist neben Großbritannien der wichtigste Importeur kolumbianischer Kohle. Inwiefern stehen deutsche Unternehmen in der Pflicht, dass beim Kohleabbau in Kolumbien Menschenrechts-Standards eingehalten werden?