Schauber: Wir erwarten ein unmissverständliches Engagement für den Schutz der Ärmsten, für ihre Rechte auf Stadt und Wohnen und auf ein menschenwürdiges Leben. Wir erwarten, dass die Umsetzung ökologischer Nachhaltigkeit zum Preis von Menschenrechtsverletzungen geächtet wird. In Quito geht es um sehr viel Geld. Deutschland ist ein wichtiger Förderer der Entwicklungsbanken, unterstützt aber auch in vielfältiger Weise direkt Initiativen zum Schutz vor Klimawandelfolgen und des Klimaschutzes. Alle öffentlichen und internationalen Projekte müssen auf die Einhaltung verbindlicher sozialer, ökologischer und menschenrechtlicher Standards überprüft werden – seien die finanziellen Beteiligungen Deutschlands direkt oder indirekt. Sehr häufig werden auch Maßnahmen des Klimaschutzes als öffentlich-private Partnerschaften durchgeführt, d. h. als Allianzen zwischen öffentlicher Entwicklungszusammenarbeit und Privatwirtschaft. Diese Partnerschaften sind zwangsläufig renditeorientiert. Wir bezweifeln, dass diese Art der Finanzierung jenen nutzt, die besonders stark von Klimawandelfolgen betroffen sind. Stattdessen ist es angemessen, dass die Menschen selbst Zugang zu Budgets erhalten, um ihre Stadtteile zu entwickeln. Auch hier erwarten wir ein entsprechendes Engagement in den anstehenden Verhandlungen.
Frage: Die Agenda 2030, das Pariser Klimaabkommen und nun die New Urban Agenda – das sind viele Abkommen, die auf UN-Ebene beschlossen werden. Besteht hier nicht die Gefahr, dass viel diskutiert und wenig umgesetzt wird? Wie können diese verschiedenen Abkommen ineinandergreifen?
Schauber: Genau darum muss es gehen. Die Habitat III Konferenz soll den Maßnahmenkatalog der Städte zur Erreichung der Nachhaltigen Entwicklungsziele definieren, die „Neue Städtische Agenda“. Das Pariser Klimaabkommen besagt, dass diese Ziele so erreicht werden müssen, dass die Erderwärmung 1,5 Grad nicht überschreitet. Aus Sicht von Misereor muss es konkret darum gehen, dass nachhaltige Entwicklung armuts- und gerechtigkeitsorientiert verläuft. Die Menschenrechte müssen Ausgangpunkt und Rahmen dieser Umsetzung bilden. Das Monitoring der Maßnahmen ist besonders wichtig: Wer könnte dies besser machen als die Menschen, die heute in Armensiedlungen leben? Sie werden authentisch berichten, ob und wie ihre Interessen und Rechte in Zukunft in das Handeln ihrer Kommunen einfließen.
Das Interview führte Lena Kretschmann.
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