In keiner anderen kirchlichen Region geschah das so spürbar wie in Lateinamerika. Keine andere Kontinentalkirche organisierte den Prozess konziliarer Erneuerung so entschieden wie die vom Lateinamerikanischen Bischofsrat CELAM zusammengeführte Kirche. Keine andere Kontinentalkirche war deshalb auch in solch heftige weltpolitische und gesamtkirchliche Konflikte verstrickt wie die lateinamerikanische. Sie erlitt wieder, was Paul VI. für die Katakomben-Kirche erinnert hatte: „Verheimlichung, Unpopularität, Verfolgung und Martyrium“. Die Konflikte zeigten die Geburtsschmerzen einer neuen Phase in der Geschichte der Kirche an: Sie wird erst, was sie im Konzil behauptet zu sein – „Weltkirche“. Aber der Übergang von der Westkirche zur Weltkirche ist immer noch nicht vollzogen. Dieser Prozess durchläuft stets neue Konfliktphasen. Das lässt sich exemplarisch an der lateinamerikanischen Kirche ablesen. Das erweist sich erneut im derzeitigen Pontifikat von Papst Franziskus. Dieser Papst ist ohne die Wirkungen des Katakombenpaktes in der Geschichte der lateinamerikanischen Kirche nicht zu verstehen.
Frage: Anlässlich des 50. Jahrestags des Katakombenpaktes wird in Rom ein internationales Treffen mit Gottesdiensten, Workshops und Vorträgen rund um das Thema Kirche der Armen veranstaltet. Was erwartet die Teilnehmenden dort konkret?
Arntz: Die Veranstaltung wird von einem großen Kreis verschiedener Gruppen und Institutionen getragen – darunter auch das Institut für Theologie und Politik. Wir wollen mit Vertretern christlicher Basisbewegungen in Lateinamerika und Afrika Zeichen setzen, dass der Katakombenpakt kein historisches Relikt ist, sondern dass seine Anliegen weltweit im konkreten Engagement an der Seite der Armgemachten und Marginalisierten gelebt werden. So wollen wir den Katakombenpakt erinnern und erneuern.
Frage: Welche Impulse für die Erinnerungsarbeit zum Katakombenpakt soll diese Veranstaltung geben?
Arntz: Wir lassen uns von Bischof Bettazzi, dem einzigen lebenden Erstunterzeichner in Europa, erzählen, was damals in ihm vorging. Bischof Erwin Kräutler aus dem Amazonasgebiet Brasiliens ist Zeuge dafür, wie die ökonomischen Interessen multinationaler Unternehmen die Umwelt zerstören und die Menschenwürde der dortigen Bevölkerung bedrohen; zugleich wird er davon erzählen, wie die Kirche mit und in den traditionellen Völkern der Region Widerstand leistet. Der Theologe Jon Sobrino aus El Salvador, einst ein enger Mitarbeiter des Erzbischofs Romero, wird uns an den Leitgedanken des ermordeten und inzwischen seliggesprochenen Bischofs erinnern: „Gott wird dort angebetet und geehrt, wo und wenn die Armen leben können.“
Das Interview führte Lena Kretschmann.
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