Die Vorsitzende der Hanns-Seidel-Stiftung, Ursula Männle, rief dazu auf, in den Asylverfahren gerade für weibliche Flüchtlinge „Personal mit interkultureller Kompetenz und mit Fachwissen“ einzusetzen. Das sei nötig, um traumatisierte und eingeschüchterte Opfer von Gewalt, Zwangsprostitution oder ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen zu identifizieren. „Man sieht es ihnen nicht an, viele schweigen aus Schamgefühl“, erklärte Männle. Sie warb deshalb dafür, im Asylverfahren frühzeitig die Fachberatungsstellen für die Betroffenen von Menschenhandel einzubinden.
Experten fordern Schutzräume für Flüchtlingsfrauen
Vertreterinnen dieser Stellen – etwa von „Solwodi“ oder „Jadwiga“ – beklagten auf der Tagung eine oft fehlende Bereitschaft der Behörden, mit ihnen zu kooperieren. Außerdem dauere es viel zu lange, Frauen vor erneuten Gewalterfahrungen zu bewahren. So sei es ein Gebot der Stunde, Alleinstehende und Alleinerziehende in Flüchtlingsunterkünften räumlich getrennt von Männern unterzubringen. In Notlagen müssten Frauen schnell und unbürokratisch in Schutzräume gebracht werden können. Immobilienbesitzer wie etwa die Kirchen sollten solche Räume anbieten.
Angelika Schmitt vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge räumte ein: „Ein besserer Austausch der Behörden mit Aktiven im Kampf gegen Menschenhandel ist nötig.“ Außer für Schutzwohnungen müsse auch für Therapien gesorgt werden. Zugleich verwies Schmitt auf Fortschritte in ihrer Behörde. So würden Sonderbeauftragte geschult, um Opfer identifizieren zu können und um Fachberatungsstellen und die Polizei schneller einzuschalten. Pater Frido Pflüger, Leiter des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes in Deutschland, sieht die angekündigte „radikale Aufstockung des Personals im Bundesamt“ derweil mit Skepsis. Er befürchte, dass „unqualifizierte Befrager die Anhörung im Asylverfahren“ durchführen könnten.
Rechtsanwalt Christoph Lindner erinnerte an das Menschenrecht auf Schutz vor Menschenhandel, das im Asylverfahren wirke. Opfer dürften nicht abgeschoben werden, wenn im Herkunftsland ein reales Risiko einer schweren Rechtsverletzung besteht. Allerdings würden rechtlich verbindliche Vorgaben „nicht immer konsequent umgesetzt beziehungsweise zeitlich abgelaufene Richtlinien gesetzgeberisch nicht erneuert“. Menschenhandelsopfer müssten endlich zahlenmäßig erfasst werden. 2014 etwa habe es nur 392 registrierte Ermittlungsverfahren im Bereich sexueller Ausbeutung in Deutschland gegeben. Das zeige, dass sich Menschenhandel weiter rentiere.
Von Marion Krüger-Hundrup (KNA)
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