Frage: Die Salesianer Don Boscos bieten in Haiti hauptsächlich Schul- und Berufsbildung für Kinder und Jugendliche an. Wie hat sich die Situation der Jugend vor und nach dem Beben verändert?
Ducange: Das Entwicklungsniveau des Landes war vor dem Erdbeben schon sehr niedrig. Durch die Naturkatastrophe ist Haitis Gesellschaft jedoch in ein tiefes Loch gefallen. Trotzdem haben die Haitianer ihre positive Einstellung nicht verloren. Sie glauben immer an die Zukunft. Diese Zuversicht hat sie über die schwierige Zeit des Erdbebens hinweggetragen und ist jetzt umso deutlicher zu spüren.
Was die Jugendlichen betrifft: Sie sind die Hoffnung des Landes und auch die Zukunft der Kirche. Die jungen Menschen in Haiti haben den großen Wunsch, in sich selbst zu investieren. Mit diesem Wunsch gehen sie gerade auf die Straße und demonstrieren für mehr Schulen, mehr Bildungsprogramme, mehr Arbeitsplätze, mehr freie Wirtschaft und für mehr Unternehmen. Wenn von internationaler Seite in Haiti investiert wird, ist es ganz wichtig, diese Forderungen ernst zu nehmen.
Frage: Viele gut ausgebildete haitianische Jugendliche wandern allerdings aus, um ihre Wünsche im Ausland zu verwirklichen …
Ducange: Das ist ein großes Problem. Viele Jugendliche verlassen auch schon für die Ausbildung das Land und kommen nicht wieder. Staatlicherseits gibt es derzeit kein System, wie man diese Jugendlichen wieder zurückholen könnte.
Frage: Wie kann man die Auswanderung verhindern?
Ducange: Es müssen Möglichkeiten dafür geschaffen werden, dass die Jugendlichen ihre Lebensziele innerhalb von Haiti erreichen können. Konkret heißt das, wir brauchen Arbeit, Bildung und Sicherheit im Land. Sind diese drei Ziele erreicht, wird die Jugend von selbst bleiben.
Das Interview führte Lena Kretschmann.