Kardinal Patriach Bkerke Bechara Rai bei missio in Aachen. (2015)
Völkerrechts-Experten uneins

Patriarch Rai verurteilt Pager-Angriffe im Libanon

Beirut  ‐ Kardinal Bechara Rai ist im Libanon eine wichtige Stimme. Die mutmaßlich von Israel geplanten Spreng-Angriffe verurteilt er nun scharf. Völkerrechtsexperten halten sie teilweise für legitim.

Erstellt: 20.09.2024
Aktualisiert: 20.09.2024
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Der libanesische Kardinal Bechara Rai hat die Sprengstoff-Attacken gegen die Hisbollah-Miliz mit Tausenden Opfern verurteilt. Laut einem Bericht der libanesischen Nachrichtenagentur NNA prangerte das Oberhaupt der katholischen Maroniten in einer Erklärung am Donnerstag das „wahllose Töten“ durch präparierte Kommunikationsgeräte sowie jede Gewalt gegen libanesische und palästinensische Zivilisten an. Der Kardinal sei über die Entwicklung tief besorgt.

Durch die Explosionen von Pagern und Funkgeräten am Dienstag und Mittwoch starben im Libanon Dutzende Menschen, mehr als 3.000 wurden laut dem libanesischen Gesundheitsministerium teils schwer verletzt. Die Hisbollah, aber auch internationale Beobachter machen Israel für die Explosionswelle verantwortlich. Von israelischer Seite gab es bisher keine Stellungnahme dazu. Die Vereinten Nationen warnten vor einer weiteren Eskalation des Krieges im Nahen Osten; der UNO-Sicherheitsrat berief am Donnerstag eine Dringlichkeitssitzung ein. Die Hisbollah feuert seit langer Zeit aus dem Libanon Raketen nach Israel, viele israelische Ortschaften nahe der Grenze sind daher seit langem fast unbewohnbar.

Über die Rechtmäßigkeit der mutmaßlich von Israel durchgeführten Angriffe, bei denen nach libanesischen Angaben auch Kinder starben, gehen die Meinungen von Völkerrechtsexperten auseinander. Israel könne geltend machen, dass es sich in einem bewaffneten Konflikt mit der Hisbollah befinde, sagte der Genfer Professor für Völkerrecht Marco Sassoli dem Schweizer Sender SRF. „Ich würde sagen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass Zivilpersonen getroffen werden, bei dieser Vorgehensweise geringer ist, als wenn man eine Rakete auf ein legitimes Ziel schießt.“ Allerdings müsse schon zwischen Kombattanten und Nichtkombattanten unterschieden werden, so Sassoli. Der iranische Botschafter etwa, den es offenbar auch getroffen habe, könne nicht als Kämpfer angesehen werden.

Andrew Clapham vom Genfer „Graduate Institute“ wertete den Angriff hingegen als klaren Verstoß gegen internationales Recht. Er sagte laut dem ZDF, der Einsatz von Sprengfallen – also an sich harmlosen Objekten, die man zur Waffe gemacht habe – sei verboten. Ähnlich äußerte sich im „Tagesspiegel“ Elisabeth Hoffberger-Pippan vom Leibnitz-Insitut für Friedens- und Konfliktforschung Frankfurt. So sei Israel an das zweite Zusatzabkommen des Rahmenabkommens über die Nutzung konventioneller Waffen gebunden. Es verbietet versteckte Sprengsätze, die wie harmlose tragbare Geräte aussehen.

Ihre Kollegin Elvira Rosert von der Universität Hamburg verwies auf der Plattform X dagegen auf Ausnahmeregelungen. Sprengfallen dürften kein „unnötiges Leid“ verursachen. Thomas Burri von der Universität St. Gallen äußerte sich in diese Richtung. In einem bewaffneten Konflikt seien feindliche Kämpfer und militärisch genutzte Kommunikationssysteme legale Ziele.

KNA

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