Medien: Vatikan vermittelt in Libanons Staatskrise
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Lösung für jahrelange Regierungskrise?

Medien: Vatikan vermittelt in Libanons Staatskrise

Kuweit/Beirut  ‐ Unlängst schickte der Papst seinen Chefdiplomaten Parolin auf Friedensmission in den Libanon. Dort soll er fünf Namen für das Amt des Staatspräsidenten in den Ring geworfen haben, berichten jetzt arabische Medien.

Erstellt: 18.07.2024
Aktualisiert: 17.07.2024
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Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin soll im Libanon fünf mögliche Präsidentschaftskandidaten vorgeschlagen haben, um die dortige Staatskrise zu überwinden. Der vatikanische Chefdiplomat habe während seines jüngsten Libanonbesuchs in vertraulichen Gesprächen mit christlichen Führern eine entsprechende Liste unterbreitet, berichteten libanesische Medien am Dienstag unter Berufung auf die kuwaitische Zeitung Al-Anbaa. Die Gespräche hätten in der Vatikanbotschaft, der Apostolischen Nuntiatur, stattgefunden.

Im Libanon steht das Amt des Staatspräsidenten aufgrund des geltenden Verfassungspakts stets einem maronitischen Christen zu; die Maroniten gehören zur katholischen Weltkirche und erkennen den Papst als Oberhaupt an. Der letzte maronitische Amtsinhaber Michel Aoun (90) war im Oktober 2022 zurückgetreten, seither gibt es keinen Präsidenten im Libanon.

Auf der angeblich vom Vatikan eingebrachten Liste stehen laut Berichten die Namen von zwei früheren libanesischen Botschaftern im Vatikan: Der Ex-Parlamentsabgeordnete Farid Elias al-Khazen und der Ex-General George Khoury. Ferner sei der frühere Kommunikationsminister Jean-Louis Cardahi genannt worden, die beiden übrigen Namen sind laut Al-Anbaa nicht bekannt. Die Zeitung wertet die drei namentlich bekannten Männer als von allen Parteien akzeptierte Konsenskandidaten.

Ende Juni hatte sich Parolin zu einem fünftägigen Besuch im Libanon aufgehalten und Gespräche mit wichtigen Akteuren geführt. Das Land, die Nahostregion und die Welt könnten „keinen Krieg gebrauchen“, sagte er in Beirut vor Journalisten. Bei seinem Besuch äußerte sich der Vatikandiplomat kritisch zur politischen und wirtschaftlichen Lage im Libanon. Unter anderem warnte er davor, das einem maronitischen Christen zustehende Präsidentenamt in Beirut weiterhin vakant zu lassen. Dies würde einer „politischen Ermordung des Konsenssystems“ gleichkommen.

Kriegsbedingt kein schiitisches Aschura-Fest im Südlibanon

Gleichzeitig ist die Lage im Süden des Libanon weiter instabil. Immer wieder kommt es zu Kampfhandlungen zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah-Miliz. Wegen der anhaltenden Gewalt sollen in der Region in diesem Jahr keine Gedenkumzüge zum schiitischen Aschura-Fest abgehalten werden. Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah sagte laut libanesischen Medienberichten (Dienstag) in einer Fernsehansprache die Kundgebungen im libanesisch-israelischen Grenzgebiet ab. Das Gedenken an den Tod des Enkels des Propheten Mohammed, Hussein, ist das wichtigste Fest im schiitischen Jahr.

Die Absage betrifft demnach unter anderem die Küstenstadt Tyros, Bint Dschubeil sowie Nabatäa, das für seine Aschura-Feiern besonders bekannt ist. In allen weiteren Landesteilen sollen die Feiern wie geplant stattfinden, so die Berichte.

Bei israelischen Luftangriffen auf den Libanon wurden seit dem Hamasangriff auf Südisrael vom 7. Oktober nach libanesischen Angaben mindestens 450 Menschen getötet, darunter mehrheitlich Kämpfer der Hisbollah sowie rund 80 Zivilisten. Auf israelischer Seite wurden nach israelischen Angaben 33 Menschen getötet, darunter viele Soldaten.

Das Gedenken an den Tod ihres frühen geistlichen Oberhaupts, des „Imam“ Hussein, 680 in der Schlacht von Kerbela wird traditionell von Schiiten in der ganzen islamischen Welt mit Trauerzügen begangen, bei denen sich die Prozessionsteilnehmer bis aufs Blut geißeln, um das „Martyrium“ Husseins nachzuvollziehen.

KNA /dr

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