Bischof Dr. Bertram Meier (Augsburg)
Jahrestagung Weltkirche und Mission zum Umgang mit kolonialem Erbe

Weltkirche-Bischof Meier: Die Wunden der Geschichte angehen

Würzburg/Bonn ‐ Drei Tage lang haben sich Expertinnen und Engagierte in Würzburg darüber ausgetauscht, wie mit dem Erbe des Kolonialismus umgegangen werden kann. Die Tagung endete mit einem Appell.

Erstellt: 19.06.2024
Aktualisiert: 19.06.2024
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Mit einem Appell ist heute in Würzburg die Jahrestagung Weltkirche und Mission zu Ende gegangen. Seit Montag hatten sich die Teilnehmenden unter dem Titel „Gestörte Beziehungen. Kirche und Gesellschaft im Umgang mit dem kolonialen Erbe“ mit den Herausforderungen beschäftigt, die aus den Folgen des Kolonialismus erwachsen. Der Kolonialismus und in besonderer Weise der transatlantische Sklavenhandel wirken bis zur Gegenwart fort und beschädigen die gesellschaftlichen sowie internationalen Beziehungen erheblich.

Organisiert von der Konferenz Weltkirche, brachte die Tagung die wichtigsten weltkirchlichen Akteure der katholischen Kirche in Deutschland, darunter internationale kirchliche Hilfswerke, Missionsorden und Bistümer zusammen. Unter der Leitung von Bischof Dr. Bertram Meier (Augsburg), Vorsitzender der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, diskutierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Herausforderungen und insbesondere die Aufgaben der Kirche beim Umgang mit dem kolonialen Erbe.

In einer Predigt hob Bischof Meier dabei auch von der Kirche ausgehende Verletzungen hervor. „Auch die Kirche ist durch ihre Verstrickung in den Kolonialismus tief gezeichnet und verletzt“, so der Weltkirche-Bischof. Nicht umsonst habe Papst Johannes Paul II. in seinem Schuldbekenntnis im Jahr 2000 auch den Kolonialismus angesprochen. „In unserer weltkirchlichen Gemeinschaft sind diese Schuld und ihre Folgen immer wieder spürbar. Aber der gemeinsame Horizont des Glaubens stärkt uns, die Wunden der Geschichte anzugehen, und somit der Welt ein ermutigendes Zeugnis zu geben, dass die Gewalt nicht das letzte Wort haben wird.“

In einer der zahlreichen Diskussionsrunden fügte der Bischof von Augsburg hinzu: „Kolonialismus, Postkolonialismus, Dekolonialisierung, Rückgabe von ‚Artefakten‘, Aufarbeitung gewaltbelasteter Vergangenheit und Versöhnung sind einige der Stichworte, die in den vergangenen Jahren rasant an Bedeutung gewonnen haben. Die Prägungen aus der Zeit des Kolonialismus wirken bis heute fort. Das gilt auch für die Kirche. Der Zusammenhang von Mission und Kolonialismus ist ernst. Nicht selten sind in unseren weltkirchlichen Begegnungen die toxischen Spuren der Geschichte spürbar. Wir sind daher gut beraten, uns dieser Fragen anzunehmen und miteinander unserer Verstrickung als auch Verantwortung nachzuspüren.“

Elefant im Raum

Auch Bischof Dr. Joseph Ndi-Okalla aus Mbalmayo (Kamerun) betonte, wie wichtig der weltkirchliche Austausch und die selbstkritische Reflexion der kirchlichen Arbeit seien. Er plädierte dabei für einen differenzierten Blick auf die Missionsgeschichte.

Dr. Jörg Lüer, Geschäftsführer der Deutschen Kommission Justitia et Pax, erinnerte daran, wie wichtig es sei, die historischen Prägungen der Beziehungen ernst zu nehmen. Die Folgen des Kolonialismus seien oftmals der sogenannte „Elefant im Raum“, den man nur gemeinsam bändigen könne. Das schließe die Bereitschaft zur Rückgabe von angeeignetem Kulturgut sowie zur Anerkennung der Verbrechen in der Kolonialzeit mit ein.

Im Gespräch über den Umgang mit den missionsgeschichtlichen Sammlungen, das Jun.-Prof. Dr. Julia Binter (Universität Bonn), Pater Dr. Markus Luber SJ (Institut für Weltkirche und Mission, Frankfurt am Main) und Bruder Bakanja Mkenda OSB (Dar es Salaam, Tansania) führten, wurden die Schwierigkeiten und Potenziale postkolonialer Auseinandersetzungen konkretisiert. Die Auseinandersetzung mit den Folgen von Sklavenhandel und Sklaverei, in die Alexander Scott (The Transatlantic Slavery and Legacies in Museums Forum, Liverpool) einführte, machte deutlich, dass man es mit einem Menschheitsthema zu tun habe, das in Deutschland noch keineswegs in seinen Ausmaßen erfasst sei.

In der abschließenden Diskussion, an der unter anderem Karin Kortmann (Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit – GIZ, Bonn) und Prof. Dr. Michelle Becka (Universität Würzburg) teilnahmen, war man sich einig, dass die Kirche sowohl ihre eigene Verstrickung aufarbeiten, als auch ein Beispiel der konstruktiven Auseinandersetzung geben müsse. Dem Gefühl der Entmutigung angesichts der Größe der Aufgabe sollte man konkrete Erfahrungen und Vorhaben eines angemessenen Umgangs mit dem kolonialen Erbe entgegensetzen. Nur so würden die Gewalt und ihre Folgen am Ende nicht das letzte Wort haben.

DBK /dr

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