Engagement verbal unter Beschuss

USA: Republikaner attackieren katholische Flüchtlingsarbeit

Washington D.C. ‐ Rechte Republikaner versuchen, den „Catholic Charities“ im US-Kongress den Geldhahn zuzudrehen. Sie werfen der größten katholischen Hilfsorganisation vor, illegale Einwanderung an der Südgrenze zu fördern.

Erstellt: 07.08.2023
Aktualisiert: 28.08.2023
Lesedauer: 
Von Thomas Spang (KNA)

Tom Tiffany will die „Catholic Charities“ vor den Kongress-Justizausschuss laden. Dem rechten Republikaner aus Wisconsin ist die Flüchtlingsarbeit des größten katholischen US-Hilfswerks schon lange ein Dorn im Auge. Ihre Mitarbeiter sollen erklären, „was sie an der Grenze tun, um diese illegale Einwanderung zu erleichtern“, fordert der Abgeordnete des Repräsentantenhauses.

Tiffany gehört zu einer wachsenden Zahl von Republikanern, die die Flüchtlingsarbeit religiöser Hilfsorganisationen unter Generalverdacht stellen und sie mit Mittelkürzungen auf Linie zu bringen versuchen. Betroffen sind neben den Catholic Charities auch der lutherische Flüchtlingsdienst „LIRS“ und die „Jewish Family Services“.

Das Vorgehen steht nach Ansicht von Kritikern im Kontrast zum Selbstbild einer Partei, die sich als Hüterin der Religionsfreiheit versteht, wenn es etwa um die Rechte von Abtreibungsgegnern und die Sanktionierung von LGBTQ-Menschen geht. Wenn es um das Engagement der Kirchen für Asylsuchende geht, spielt die Religionsfreiheit eine geringere Rolle.

Dabei leisten die „Catholic Charities“, die Caritas der USA, gerade in der Flüchtlingsarbeit Außergewöhnliches. Der humanitäre Arm der katholischen US-Kirche kümmert sich seit seiner Gründung 1910 um Geflüchtete und ist seit langer Zeit Partner der US-Regierung bei Flüchtlingshilfe und Ansiedlung. „Ohne sie hätten wir an der Grenze eine humanitäre Katastrophe“, lobt die demokratische Abgeordnete aus Texas, Veronica Escobar.

Mittel aus dem Staatshaushalt

„Catholic Charities“ erhält jedes Jahr Mittel aus dem Staatshaushalt, mit denen auch Kosten für die Flüchtlingsbetreuung an der Südgrenze zu Mexiko finanziert werden. Insgesamt stehen für das laufende Haushaltsjahr rund 800 Millionen Dollar zur Verfügung, die sich die Organisationen teilen. Genau an der Stelle setzen die rechten Republikaner ihren Hebel an.

Die Kritik an der Flüchtlingsarbeit religiöser Hilfsgruppen nahm Fahrt auf, als Joe Biden 2021 ins Weiße Haus einzog. Sie erlebte ihren ersten Höhepunkt im Februar 2022. Damals verklagte die aus dem Trump-Umfeld finanzierte Gruppe „Catholic Vote“ die US-Regierung, Einblick in die Kommunikation zwischen US-Bischöfen und der US-Zoll- und Grenzschutzbehörde zu erhalten. Sie wollte Belege über die Ausgaben sehen, die religiöse Hilfsorganisationen für ihre Flüchtlingsarbeit von der Regierung erhalten haben.

Wenige Monate später griff der Gründer der erzkonservativen Website „Church Militant“, Michael Voris, die US-Bischöfe wegen der Flüchtlingsarbeit von „Catholic Relief Services“ und „Catholic Charities“ scharf an und verstieg sich in der Aussage: „Satan kontrolliert die Kirche“.

In einem Brief an Heimatschutzminister Alejandro Mayorkas im Dezember warfen mehrere Kongress-Republikaner - darunter auch Tiffany - der Regierung Biden vor, sie erlaube Nichtregierungsorganisationen, „illegalen Ausländern zu helfen.“ Noch nie zuvor seien sie so direkt angegriffen worden, so Anthony Granado, der bei „Catholic Charities“ für die Kontakte zur US-Regierung zuständig ist.

Ein im März publizierter interner Bericht des Ministeriums für innere Sicherheit hat den Druck auf religiöse Flüchtlingsorganisationen zusätzlich verschärft. Der kam zu dem Ergebnis, dass einige Organisationen Bundesgelder für Flüchtlinge verwendeten, die die Grenze illegal überschreiten wollten. Das sei ein „Missbrauch ihres steuerbefreiten Status“, so der republikanische Abgeordnete Lance Gooden aus Texas.

Wie zielstrebig die Republikaner vorgehen, belegt der „Secure the Border Act“, der im Mai das Repräsentantenhaus passierte. Das Gesetz zur Grenzsicherung sieht auch Mittelkürzungen für religiöse Hilfsorganisationen vor. Die Chancen, damit auch im Senat durchzukommen, in dem die Demokraten die Mehrheit stellen, sind allerdings gering. Was erklärt, warum die Leiterin von „Catholic Charities“, Schwester Donna Markham, bei aller Empörung über die Verunglimpfung ihrer Arbeit gelassen bleibt. Das Engagement für die an der Südgrenze festsitzenden Menschen müsse bleiben, forderte sie kategorisch. „Diese Arbeit ist vom Evangelium geleitet, sie ist nicht politisch und sollte nicht umstritten sein.“

KNA

Mehr zum Thema