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Tagung von Justitia et Pax

Experten: Mafiöse Kriminalität stärker bekämpfen

Mafiöse Organisationen sind auch in Deutschland aktiv. Doch häufig wird organisierte Kriminalität noch nicht als solche wahrgenommen. Eine Tagung in Berlin hat das Thema auf den Tisch gebracht.

Erstellt: 12.07.2023
Aktualisiert: 12.07.2023
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Von Gregor Krumpholz (KNA)

Der Kampf gegen organisierte Kriminalität muss in Deutschland nach Einschätzung von Fachleuten mit mehr Nachdruck geführt werden. So würden viele Verbrechen und Straftäter vor Gericht fälschlicherweise nicht mit der Mafia in Verbindung gebracht, kritisierte der Vorsitzende des Vereins „mafianeindanke“, Sandro Mattioli, am Donnerstag bei einer Tagung in Berlin. Das sei darauf zurückzuführen, dass allein die Zugehörigkeit zur Mafia und vergleichbaren Organisationen im Unterschied zu Italien in Deutschland keine Straftat sei.

Als weiteren Grund nannte Mattioli, dass die Mafia in Deutschland weitestgehend verdeckt und mit vergleichsweise wenig Gewalt aktiv sei. „Geldwäsche sieht man nicht.“ Auch dies erschwere es, in der Gesellschaft Verständnis für Gefahren und Folgen der organisierten Kriminalität zu wecken. 

Burcu Basdinkci, die Leiterin von „echolot“, ein vom Bund gefördertes Projekt gegen mafiös organisierte Kriminalität, warnte davor, solche Verbrechen pauschal mit einem bestimmten kulturellen Hintergrund in Verbindung zu bringen, wie dies bei dem Begriff der Clan-Kriminalität der Fall sei. Es könne das Problem verschärfen, indem es eine berufliche Integration etwa arabischstämmiger Jugendlicher erschwere oder verhindere und diese dadurch in die Kriminalität dränge.

Die Folgen organisierter Kriminalität auch in der Entwicklungszusammenarbeit hob der Bundestagsabgeordnete Max Lucks (Grüne) hervor. So versickerten in manchen Weltregionen über 40 Prozent der Entwicklungshilfe in dunklen Kanälen, anstatt die vorgesehenen Empfänger zu erreichen. Deshalb sei der Kampf gegen organisierte Kriminalität auch eine vorrangige Herausforderung für die Außenpolitik.

Zu historischen Verbindungen und dem Umgang des Katholiszismus mit mafiösen Strukturen äußerte sich der Experte Vittorio Alberti. Diese sollten dauerhaft beendet werden. „Die Kirche muss die Menschheit begleiten, muss aber endlich ihre totale Opposition zur Mafia klarstellen“, sagte Alberti, der die vatikanischen „Arbeitsgruppe zur Exkommunikation der Mafias“ leitet. Die Kirche könne gegen Mafia und Korruption eine Vorkämpferin sein. Dazu müssten aus der kirchlichen Lehre, der Seelsorge und der kirchlichen Kultur entsprechende Instrumente zur Verfügung gestellt werden. Historisch gesehen sei die religiöse Dimension der identitätsstiftende Faktor für die Prinzipien und Symbole, auf deren Grundlage sich die Mafia entwickelt habe. Bischöfe müssten durch die kirchliche Lehre und das Kirchenrecht geschützt werden, um in ihrem Kampf gegen Mafiastrukturen nicht allein zu stehen, forderte Alberti. Dass Papst Franziskus von der Exkommunikation der Mafiosi gesprochen habe, sei eine historische Chance.

Veranstaltet wurde die Tagung mit rund 40 Expertinnen und Experten aus Europa sowie Mittel- und Südamerika in der Katholischen Akademie in Berlin von der Deutschen Kommission Justitia et Pax (Gerechtigkeit und Frieden), die sich mit Fragen der Entwicklungszusammenarbeit, der Friedens- und Sicherheitspolitik sowie der Menschenrechtspolitik befasst.

Bei diesen Themen werde Justitia et Pax vor allem von ausländischen Partnern immer wieder auf einen negativen Einfluss von organisierter Kriminalität hingewiesen, erklärte Geschäftsführer Jörg Lüer. Diese Erfahrung spiele in der kirchlichen und auch der nichtkirchlichen Friedensethik in Deutschland bislang jedoch eine untergeordnete Rolle. Deshalb erarbeite eine von Justitia et Pax eingerichtete internationale Fachgruppe derzeit Empfehlungen für Maßnahmen gegen diese Form der Kriminalität.

dr/KNA

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