Unregelmäßigkeiten bei der „Aufnahmepolitik der Diözese“?

Neue päpstliche Prüfung im südfranzösischen Bistum Frejus-Toulon

Paris ‐ In der südfranzösischen Diözese Frejus-Toulon beginnt am Montag eine neuerliche Überprüfung („Visitation“) im Auftrag des Papstes.

Erstellt: 08.02.2023
Aktualisiert: 16.02.2023
Lesedauer: 
Von Alexander Brüggemann (KNA)

Der Dijoner Erzbischof Antoine Herouard und der frühere Sekretär der vatikanischen Kleruskongregation, Erzbischof Joel Mercier, versuchten dort, „eine Reihe von Problemen im Bistum“ zu lösen, teilte die päpstliche Nuntiatur in Paris ohne nähere Angaben mit. Hintergrund ist offenbar die Weihepraxis für Priester in der Diözese.

Bereits im Frühjahr 2022 hatte der Erzbischof von Marseille und designierte Kardinal Jean-Marc Aveline das Bistum besucht, das zu seiner Kirchenprovinz gehört. Auf Wunsch des Vatikans wurden kurz darauf in einem ungewöhnlichen Schritt alle für Ende Juni geplanten Priesterweihen in Frejus-Toulon ausgesetzt. Französische Medien sprachen damals von möglichen Mängeln in der Ausbildung und mangelnder Eignung von Kandidaten. Mehrere Vatikanbehörden forderten demnach eine „Umstrukturierung des Priesterseminars“ und eine veränderte „Aufnahmepolitik der Diözese“.

Das Bistum im Departement Var ist seit gut zwei Jahrzehnten eine regelrechte Priesterschmiede mit sehr hohen Weihezahlen; es gilt daher auch als eine „lebendige Quelle der Neuevangelisierung“; eigentlich ein Hauptanliegen der Päpste seit Johannes Paul II. (1978-2005). Dafür nimmt der Bischof von Frejus-Toulon, Dominique Rey (70), seit seinem Amtsantritt 2000 auch zahlreiche Kandidaten aus dem Ausland auf und hat in seiner Diözese nicht weniger als 20 sogenannte Neue Geistliche Gemeinschaften angesiedelt, mit einem sehr breiten spirituellen Spektrum.

Medienrecherchen zufolge wurden wiederholt dort geweihte Priester als Missbrauchstäter straffällig. Andere setzten sich nach der Weihe aus der Diözese ab und tauchten kirchenrechtlich unter; in zwei Fällen etwa unter die geistliche Obhut eines 1991 untergegangenen Klosters in der Ukraine.

Mehrere der in Frejus-Toulon ansässigen Neuen Geistlichen Gemeinschaften sind ins kirchenrechtliche Zwielicht gerückt, meist in Zusammenhang mit sektiererischen Praktiken, geistlichem oder sexuellem Machtmissbrauch durch Gründergestalten oder andere ihrer Geistlichen. Das gilt sowohl auf dem eher charismatischen wie auf dem traditionalistischen Flügel.

Der Bischof von Frejus-Toulon, Dominique Rey (70), hatte sich nach dem Weihestopp aus dem Vatikan betrübt geäußert, aber Dialogbereitschaft signalisiert. Das Bistum erklärte damals, die Weihen der Kandidaten seien nicht annulliert, sondern lediglich „verschoben“; einen neuen Termin gebe es noch nicht.

Vor der Ankündigung der neuerlichen Visitation hatte Bischof Rey versucht, selbst die Führung in der Angelegenheit zu übernehmen. Im September kündigte er eine Bestandsaufnahme der im Bistum anwesenden Gemeinschaften an. Die Aufnahme neuer Gemeinschaften werde ausgesetzt, die Aufnahme neuer Priester an die Zustimmung des Priesterrates gekoppelt.

Im Rahmen der Visitation sollen nun zahlreiche Geistliche und Laien in verantwortlichen Stellungen angehört werden. Das Bistum hat nach eigenen Angaben eine Kontaktadresse für Eingaben an die Prüfer eingerichtet. Die Prüfung dauert bis 10. März. Nach dem Bericht der Prüfer soll der Vatikan über mögliche Konsequenzen entscheiden.

KNA

Mehr zum Thema