Warum Weltkirche nicht als Totschlag-Argument gegen Reformdebatten taugt
„Aber die Weltkirche...“ – Häufig wird das als Argument gegen die Debatten des Synodalen Wegs vorgebracht. Woanders gäbe es eben andere Prioritäten. Doch ein Experten-Blick ins Ausland zeigt: So stimmt das tatsächlich nicht.
Aktualisiert: 13.01.2023
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Katholische Reformdebatten in Deutschland behandeln Fragen, die nach Ansicht von Experten auch in vielen anderen Ländern virulent sind. „Der Verweis auf die Weltkirche kann nicht mehr als Totschlag-Argument gegen den deutschen Synodalen Weg verwendet werden“, so Nora Kalbarczyk, Generalsekretärin des Katholischen Akademischen Ausländer-Dienstes (KAAD), am Donnerstag bei einem digitalen Symposium zum „Synodalen Weg im Spiegel der Weltkirche“.
Bei der vom Missionswerk Missio Aachen organisierten Diskussion räumte dessen Präsident Dirk Bingener anfängliche Versäumnisse des Synodalen Wegs ein. Kritische Briefe aus Polen, Skandinavien sowie von weiteren 70 Bischöfen weltweit seien durchaus „ein Weckruf“ gewesen. Ergebnisse des Synodalen Wegs müssten transparent gemacht und dialogischer diskutiert werden, so Bingener.
Inzwischen, sagte Kalbarczyk, zeigten Reaktionen aus anderen Ländern: „Alle Themen des Synodalen Wegs sind anschlussfähig, wenn auch nicht immer so, wie wir uns das wünschen.“ Dies belege auch eine Studie des KAAD und des Frankfurter Instituts für Weltkirche und Mission, in der junge Gläubige aus Amerika, Afrika, Osteuropa, Nahost und Asien zu den Themen des Synodalen Wegs befragt wurden.
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Der Aachener Bischof Helmut dieser zeigte sich zuversichtlich, dass es zu einer Zusammenkunft zwischen der römischen Kurie und dem erweiterten Synodalpräsidium kommen könnte. Zugleich plädierte Dieser für mehr Eigenständigkeit von Ortskirchen in einzelnen strittigen Punkten. Segnungen homosexueller Paare etwa wären „bei uns kein Ärgernis mehr, sondern machen Gottes Inklusivität sichtbar und überzeugender“.
Nach Ansicht des nigerianischen, in USA lehrenden Theologen Stan Chu Ilo steht das Kürzel LGBTQ für ein „sehr schwieriges, delikates und manchmal zu sehr ideologisch“ besprochenes Thema. Angesichts vielerorts drängenderer Probleme wie Krieg, Flucht und Ungerechtigkeit forderte er wie auch zuvor Bingener Vertrauen und Geduld sowie Verständnis für andere Prioritäten.
Als kulturell bewährte Methodik für synodale Prozesse warb Ilo wie auch der kamerunische Bischof Joseph-Marie Ndi-Okalla bei komplexen Themen für mehr konsensorientiertes „Palaver“. „Wir brauchen mehr Verständigung als es sich in drei bis vier Jahren nur mit Abstimmungen erreichen lässt“, so Ilo. Bei allem Mut für offene, gründliche Diskussionen des Synodalen Wegs, die Ilo mehrfach lobte, habe er den Eindruck, dass man in Deutschland mitunter „in binären Lösungen gefangen bleibt“.
Die philippinische, in Indien lehrenden Theologin Estela Padilla vermisst beim Synodalen Weg eine größere Vielfalt von Stimmen und Erfahrungen, gerade aus den einfachen Gemeinden. In ihrem Land sei etwa eine viel größere Zahl an gesellschaftlichen Gruppen befragt worden. Dies wiederum habe mehr Themen und Beiträge zu einer zukunftsfähigen Kirche zutage gefördert.
Markus Demele, Generalsekretär von Kolping international, wünschte sich aus der Weltkirche wie aus dem Vatikan mehr Verständnis für „Inkulturation nicht nur in Afrika, sondern auch in Deutschland und Westeuropa“. Diese seien inzwischen Missionsgebiete und der Synodale Weg auch eine Form der Inkulturation.