Cover DBK-Arbeitshilfe zu weltkirchlichen Partnerschaften

Aufbau und Gestaltung weltkirchlicher Partnerschaften von Pfarreien und Diözesen

In den pastoralen Umbrüchen unserer Zeit sind weltkirchliche Partnerschaften vielerorts ein wohltuendes Element der Kontinuität. Zugleich eröffnen sie für alle Beteiligten Möglichkeiten, pastorale Impulse der Partnerkirchen für die eigene Entwicklung aufzunehmen.

Erstellt: 19.07.2022
Aktualisiert: 13.09.2023
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Diözesan- und Gemeindepartnerschaften mit Ortskirchen in anderen Teilen der Welt lassen die weltweite Gemeinschaft der Gläubigen als Volk Gottes erfahrbar werden (1). Sie stehen im Zeichen des geschwisterlichen Miteinanders und orientieren sich am gemeinsamen Aufbau des Reiches Gottes. So stellen sie inmitten einer Welt, die durch Konflikte und Ungerechtigkeiten gekennzeichnet ist, eine positive Kontrasterfahrung dar und sind ein lebendiger Ausdruck der christlichen Hoffnung (2).

In den pastoralen Umbrüchen unserer Zeit sind weltkirchliche Partnerschaften vielerorts ein wohltuendes Element der Kontinuität. Zugleich eröffnen sie für alle Beteiligten Möglichkeiten, pastorale Impulse der Partnerkirchen für die eigene Entwicklung aufzunehmen. Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil haben
weltkirchliche Partnerschaften für das kirchliche Leben insgesamt eine große Bedeutung. Die hier vorliegenden Leitlinien wollen dazu beitragen, bereits lange bestehende und neue weltkirchliche Partnerschaften zu intensivieren und zu qualifizieren, zu inspirieren und zu orientieren.

Weltkirchliche Partnerschaften als Gebets-, Lern- und Solidargemeinschaften

In weltkirchlichen Partnerschaften wird konkret, was die weltweite Communio der Christen ist: eine vom Evangelium inspirierte Gebets-, Lern- und Solidargemeinschaft(3). Diese drei Pfeiler der weltweiten Glaubensgemeinschaft kommen auch in einer echten weltkirchlichen Partnerschaft zum Tragen, wenngleich nicht immer in demselben Ausmaß. In diesem Sinne wirken Kopf, Herz und Hand zusammen und füllen die Partnerschaft mit Leben. Das Miteinander im Glauben ist das Fundament für die weltkirchliche Partnerschaft, für die Verständigung untereinander und die daraus erwachsenden freundschaftlichen Beziehungen. Dies zeigt sich im Denken und Reden, in den persönlichen Gesprächen und im schriftlichen Austausch. Die Gemeinschaft im Glauben drückt sich in einer gemeinsamen Gebetspraxis aus: Das Gebet miteinander und füreinander ist wesentlich und unverzichtbar.

Der Aufbau und die Gestaltung von Partnerschaften bedürfen eines ständigen Austausches zwischen allen Beteiligten hier und dort sowie zwischen den Generationen. Dieser Austausch erfordert die Bereitschaft zum Kennenlernen und zur Anerkennung der jeweils anderen Kultur und Lebensart. Wichtig ist dabei die Fähigkeit, aufeinander zu hören und sich selbst als lernbedürftig zu erkennen. Besserwisserei und Überlegenheitsdenken, aber auch die Idealisierung der anderen sind wenig hilfreich. In Partnerschaften gilt in besonderer Weise der urchristliche Grundsatz: „Nehmt einander an, wie auch Christus uns angenommen hat, zur Ehre Gottes“ (Röm 15,7). So können sich Schwestern und Brüder im Glauben auf Augenhöhe begegnen und über Lebens- und Glaubenserfahrungen fruchtbar austauschen. Dies ermöglicht ein pastorales Lernen beim Einzelnen, in Gemeinden und in Diözesen.

Partnerschaftliches Engagement bewährt sich schließlich in der solidarischen Praxis. Diese kann als Eintreten füreinander im Dienst am Gemeinwohl verstanden werden. Das geschieht in Sensibilität für die Bedürfnisse des anderen und im Bewusstsein, dass niemand so arm ist, als dass er nichts mehr zu geben hätte, und
niemand so reich, als dass er nichts mehr zu empfangen bräuchte. Solidarität ist nach der Katholischen Soziallehre nicht nur punktuell oder bilateral: Sie schließt die Förderung des globalen Friedens, der Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung ein. Im Sinne der Option für die Armen sowie im konkreten Einsatz für Menschenrechte, für Demokratie und sozialen Fortschritt wird die weltkirchliche Solidargemeinschaft erfahrbar (4).

Leitlinien für weltkirchliche Partnerschaften

Aus diesem Verständnis von weltkirchlichen Partnerschaften als Gebets-, Lern- und Solidargemeinschaften lassen sich konkrete Leitlinien entwickeln, an denen sich die Praxis weltkirchlicher Partnerschaften messen lässt.

Den Glauben bezeugen und miteinander teilen

Weltkirchliche Partnerschaften bieten Raum für Austausch über unterschiedliche Glaubenserfahrungen. Dabei kann die eigene Glaubensgeschichte und Spiritualität an Profil gewinnen. Im Austausch mit den anderen kann sich auch der Erfahrungshorizont weiten, wenn spirituelle Impulse das eigene Glaubensleben bereichern.

Die pastorale Praxis in den Diözesen und Pfarreien sowie deren Schwerpunkte und Strukturen lassen sich im Licht der Erfahrungen der Partner neu bewerten. Hier kann ein pastorales Lernen ansetzen, das in seinem Potential nur selten erkannt wird. Nicht zuletzt wird in weltkirchlich-partnerschaftlichen Beziehungen in besonderer Weise greifbar, was Evangelisierung und Mission heute bedeuten. Die weltkirchlichen Partnerschaften haben ihren Platz im Gottesdienst: In regelmäßigen Abständen können Gebete und Fürbitten für die Partner vorgetragen werden, Nachrichten und Zeugnisse der Partner können in die Verkündigung einfließen, Partnerschafts gruppen können Gottesdienste thematisch gestalten.

Miteinander kommunizieren und voneinander lernen

Weltkirchliche Partnerschaften setzen Kommunikation und die Bereitschaft zum Lernen voraus. Schon eine fremde Sprache bringt vielfach Verständigungsprobleme mit sich, ebenso die unterschiedlichen Erwartungshorizonte, Mentalitäten, Kulturen und Arten, sich mitzuteilen. Eine Vertrautheit mit der Geschichte und der Lebenssituation des Partners hilft hier weiter. Lernen schließt auch die Beteiligung der Partner an Planungsprozessen sowie eine Offenheit für Veränderungsprozesse im eigenen Umfeld ein. Schließlich können pastorale Erfahrungen aus anderen Teilen der Welt – etwa mit „Kleinen Christlichen Gemeinschaften“ oder der Methode des Bibel-Teilens – auch für die eigenen kirchlichen Strukturen wertvolle Impulse geben. Erst eine solche Lernbereitschaft macht eine „Begegnung auf Augenhöhe“ zwischen den Partnern und ein Ablegen der vielfach eingespielten Rollen von „Gebern“ und „Empfängern“ möglich. Bei all dem bleiben Geduld und wechselseitiges Wohlwollen, manch mal auch ein Mindestmaß an Frustrationstoleranz notwendig. Für die Weiterentwicklung von Partnerschaften ist eine regelmäßige Reflexion unter Einbeziehung der Partner hilfreich.

Eine Chance, den wechselseitigen Austausch zu beflügeln, liegt in der persönlichen Begegnung: Von Besuchen einzelner oder ganzer Delegationen über einen mehrmonatigen Freiwilligendienst (etwa über die „MissionarInnen auf Zeit“ oder diözesane Freiwilligendienste) oder den Einsatz pastoraler Fachkräfte (z. B. Priester, Pastoralreferent/innen) bis hin zu mehrjährigen Auslandseinsätzen (über AGIAMONDO) gibt es viele Möglichkeiten, den kommunikativen Brückenschlag in beide Richtung en zu unterstützen.

Die Partnerschaft einer Diözese oder Pfarrei existiert nicht losgelöst von anderen weltkirchlichen Aktivitäten. So bieten die jährlichen Aktionen der kirchlichen Hilfswerke die Möglichkeit, Gäste aus der Weltkirche einzuladen und kennenzulernen. Ein guter Austausch zwischen den Pfarreien, Diözesanstellen und Hilfswerken in Deutschland dient der Vernetzung und ist für die Pflege von weltkirchlichen Partnerschaften unerlässlich. In vielen Fällen gibt es auch andere Partnerschaftsgruppen, die eine besondere Beziehung zum gleichen Partner oder einem Partner in derselben Region pflegen. Voneinander wissen hilft, gemeinsame Aktionen zu initiieren, die eigenen Partner zu verstehen, Fehleinschätzungen zu korrigieren und gute Erfahrungen zu teilen.

Zur Kommunikation gehört auch die Weitergabe von Informationen aus der Partnerschaft an die ganze Pfarrei, die Diözese, die interessierte Öffentlichkeit. Vieles, was in Partnerschaften geschieht, ist zu kostbar, als dass es im Verborgenen bleiben sollte. Über die Homepages der Pfarrei, der Diözese oder des eigenen
Partnerschaftsvereins, über Rundbriefe per E-Mail oder per Post, über die Öffentlichkeitsarbeit im Pfarrbrief oder bei Pfarrfesten, bei Diözesanveranstaltungen oder in den lokalen Medien lassen sich viele Menschen erreichen und oft genug auch für die Partnerschaftsarbeit gewinnen.

Anfragen an den eigenen Lebensstil annehmen

Die unmittelbare Begegnung mit Menschen aus ärmeren Ländern und die Sorge für eine gerechtere Welt führen zu einer kritischen Auseinandersetzung mit den eigenen Lebensgewohnheiten. Fragen nach dem eigentlich Notwendigen, nach einer gerechten Verteilung der Güter oder nach dem Lebensstil in Deutschland müssen nicht frustrierend wirken. Sie können helfen, den Anspruch des christlichen Lebensstils Schritt für Schritt und konsequent in den Alltag zu übersetzen. Fairer Handel, ethische Geldanlagen sowie die Verantwortung für die Schöpfung sind hierfür Beispiele. Solche Lernprozesse können vom Einzelnen gemacht werden, sie können aber auch zu Veränderungen in Pfarreien und Diözesen führen.

Anfragen an den eigenen Lebensstil annehmen

Die unmittelbare Begegnung mit Menschen aus ärmeren Ländern und die Sorge für eine gerechtere Welt führen zu einer kritischen Auseinandersetzung mit den eigenen Lebensgewohnheiten. Fragen nach dem eigentlich Notwendigen, nach einer gerechten Verteilung der Güter oder nach dem Lebensstil in Deutschland müssen nicht frustrierend wirken. Sie können helfen, den Anspruch des christlichen Lebensstils Schritt für Schritt und konsequent in den Alltag zu übersetzen. Fairer Handel, ethische Geldanlagen sowie die Verantwortung für die Schöpfung sind hierfür Beispiele. Solche Lernprozesse können vom Einzelnen gemacht werden, sie können aber auch zu Veränderungen in Pfarreien und Diözesen führen.

Verantwortung für eine gerechtere Welt übernehmen

Als Christen tragen wir Mitverantwortung für eine gerechtere Gestaltung der Welt. In diesem Kontext stehen auch die einzelnen weltkirchlichen Partnerschaften. Sie dürfen daher nicht auf eine bilaterale Beziehung beschränkt bleiben. Schon die Nachbargemeinde oder -diözese der Partner kann eine Herausforderung sein,
wenn sie ebenfalls Teil der Solidargemeinschaft werden will. Ebenso gilt es, die Partnerschaften in den Gemeinden hierzulande in ein ausgewogenes Verhältnis zur unverzichtbaren Arbeit der kirchlichen Hilfswerke zu setzen. Diese können im globalen Maßstab agieren und sind bei ihren Jahresaktionen und Kollekten auf die
Unterstützung in den Pfarreien angewiesen. Weltkirchliche Partnerschaftsarbeit darf keine Inseln schaffen, in denen außer der Partnerschaft nichts mehr zählt. Dazu gehört auch eine Vernetzung mit anderen Partnerschaftsgruppen, die in der Nähe aktiv sind oder vergleichbare Partnerschaften pflegen.

Projekte sinnvoll fördern

Die Projektförderung sollte insbesondere bei der Übernahme langfristiger finanzieller Verpflichtungen mit Augenmaß und in Rücksprache mit dem für die Pfarrei bzw. die Diözese Verantwortlichen geschehen. Sie sollte auf Hilfe zur Selbsthilfe angelegt sein, um eine dauerhafte finanzielle Abhängigkeit der Partner in den Ländern des Südens oder Ostens zu vermeiden. Die Unterstützung von einzelnen Projekten erfolgt dabei nicht willkürlich, sondern orientiert sich an der Option für die Armen.

Bei der finanziellen Unterstützung von Projekten bieten die Diözesanstellen und die kirchlichen Hilfswerke Beratung und Hilfestellung an. Sie vermitteln darüber hinaus Projekte zur Unterstützung durch Partnerschaftsgruppen.

Im Umgang mit den Finanzen ist gegenüber den Partnern und den Spendern ein hohes Maß an Transparenz geboten: Zwischen- und Abschlussberichte durch die Partner sowie Projektabrechnungen sollten selbstverständlich sein. Für die deutsche Seite sind Jahresberichte oder schriftliche Übersichten (z. B. im Internet oder im Pfarrbrief) über Einnahmen und Ausgaben sowie die laufende Projekt- und Partnerschaftsarbeit zur Information der Pfarrei, der Diözese und der interessierten Öffentlichkeit unverzichtbar.

Entwicklungspolitische Bildungs- und Lobbyarbeit unterstützen

Die Auseinandersetzung mit den globalen Herausforderungen, die einen oder beide Partner betreffen (z. B. Klimaschutz, Ressourcengerechtigkeit, Schuldenerlass, HIV/Aids), können zu einem wichtigen Engagement in der entwicklungspolitischen Bildungs- und Lobbyarbeit führen. Gerade in der Zusammenarbeit mit den kirchlichen Hilfswerken, etwa bei deren Jahresaktionen, aber auch mit entwicklungspolitischen Netzwerken, Kampagnen oder lokalen Aktionsbündnissen liegen Chancen für eine entwicklungspolitische Bewusstseinsbildung in Deutschland. So übernehmen Partnerschaftsgruppen eine politische Anwaltschaft für ihre Partner und für die, die in dieser Welt kein Gehör finden.

Für die Zukunft der Partnerschaft sorgen

Eine weltkirchliche Partnerschaft ist nicht nur eine freundschaftliche Beziehung zwischen einzelnen Personen, sondern eine Angelegenheit von Pfarreien und Diözesen. Aus diesem Grund sollen Partnerschaften im Leben von Pfarreien und Diözesen eine große Rolle spielen und in deren Strukturen eingebunden sein. Die
Berücksichtigung der Partnerschaften in Pastoralplänen und pastoralen Leitlinien macht sie langfristig verbindlich.

Um in der Partnerschaftsarbeit eine zu starke Abhängigkeit von Einzelpersonen zu vermeiden, sollten die Aufgaben auf mehrere Schultern verteilt sein. Wichtig ist, dass die Verantwortlichkeiten der Einzelnen geklärt sind. Eine gute Mischung aus jüngeren und älteren Engagierten hilft der Partnerschaftsarbeit zur Lebendigkeit und Verlässlichkeit. Vielseitige Verbindungen zwischen den Partnern tragen dazu bei, dass die „Brücke der Verständigung“ Bestand hat. Durch den Abschluss einer  Partnerschaftsvereinbarung und die Gründung von Partnerschaftskomitees auf beiden Seiten wird bei allen Beteiligten das Bewusstsein gefördert, gemeinsam unterwegs zu sein.

Ausblick

Je mehr weltkirchliche Partnerschaften zur spirituellen Gebetsgemeinschaft im Glauben, zur kommunikativen Lerngemeinschaft in der Hoffnung und zur diakonischen Solidargemeinschaft in der Liebe werden, desto unverzichtbarer sind sie im weltkirchlichen Miteinander. Sie sind daher in besonderer Weise „Salz der Erde“ und „Licht der Welt“ (Mt 5,13 f.). Innerhalb der Weltkirche bringen diese Partnerschaften die Vielfalt der Völker und ihrer Kulturen ebenso zur Geltung wie ihre Gemeinsamkeiten. So tragen sie mit der ganzen Kirche zur „Vereinigung mit Gott wie zur Einheit der ganzen Menschheit“5 bei. In der Einen Welt helfen sie beim Aufbau des Reiches Gottes. Und dies ist „Gerechtigkeit, Friede und Freude im Heiligen Geist“ (Röm 14,17). 

Quellen

  1. Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche „Lumen Gentium“, Nrn. 9, 13
  2. Vgl. Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit. Wort des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Deutschen Bischofskonferenz zur wirtschaftlichen und sozialen Lage in Deutschland, hrsg. vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Gemeinsame Texte, 9), Bonn 1997, Nr. 251.
  3. Vgl. Allen Völkern Sein Heil. Die Mission der Weltkirche. 23. September 2004, hrsg. vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Die deutschen Bischöfe, 76), Bonn 2004, Kapitel III,1.
  4. Vgl. Die vielen Gesichter der Globalisierung. Perspektiven einer menschengerechten Weltordnung. Eine Studie der Sachverständigengruppe „Weltwirtschaft und Sozialethik“ und der kirchlichen Werke Adveniat, Caritas international, Misereor, Missio Aachen, Missio München und Renovabis, hrsg. von der
    Wissenschaftlichen Arbeitsgruppe für weltkirchliche Aufgaben der Deutschen Bischofskonferenz, Bonn 1999, S. 63 f.
  5. Zweites Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche „Lumen gentium“, Nr. 1

Dieser Text stammt aus der Arbeitshilfe 256: Weltkirchliche Partnerschaften von Pfarreien und Diözesen. Leitlinien und Kontaktadressen, die 2013 von der Deutschen Bischofskonferenz herausgegeben wurde.