„Man darf die Menschen nicht alleine lassen“
Die deutsche Schauspielerin Eva Habermann (39) war vier Wochen lang unterwegs im von Erdbeben und schweren Stürmen verwüsteten Karibikstaat Haiti. Vermittelt wurde der Aufenthalt durch das katholische Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat , für das sie als Botschafterin aktiv ist. In Haiti lebte Habermann zusammen mit katholischen Ordensschwestern und engagierte sich in verschiedenen Hilfsprojekten. Im Interview sprach sie über die aktuelle Lage.
Aktualisiert: 15.11.2022
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Die deutsche Schauspielerin Eva Habermann (39) war vier Wochen lang unterwegs im von Erdbeben und schweren Stürmen verwüsteten Karibikstaat Haiti. Vermittelt wurde der Aufenthalt durch das katholische Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat, für das sie als Botschafterin aktiv ist. In Haiti lebte Habermann zusammen mit katholischen Ordensschwestern und engagierte sich in verschiedenen Hilfsprojekten. Im Interview sprach sie über die aktuelle Lage.
Frage: Frau Habermann, nicht einen Tag, eine Woche, sondern einen ganzen Monat haben Sie in Haiti verbracht. Warum dieser lange Zeitraum?
Habermann: Ich war im April schon einmal mit Adveniat in Haiti und beschloss damals, dass ich wiederkommen will. Ich wollte die Situation nicht nur oberflächlich kennenlernen, sondern mir ein genaues Bild von der Lage machen. Deswegen wollte ich vier Wochen in Haiti verbringen und versuchen, mich dort einzubringen, wo es mir möglich erschien.
Frage: Haiti wird wieder von politischen Unruhen und Demonstrationen erschüttert. Überrascht Sie das?
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Habermann: Eigentlich müsste es viel mehr Unruhe geben. Das Problem ist, dass die haitianische Politik sich nicht genügend um die Probleme der Menschen kümmert. Meist handelt es sich bei den haitianischen Politikern um Vertreter aus der reichen Oberschicht des Landes, denen die Sorgen und Nöte eines Großteils der armen Bevölkerung gleichgültig sind. Deswegen geht nichts voran. Zugleich ruhen sich diese Politiker auf dem Engagement der Hilfsorganisationen aus, die einen Teil der Arbeit übernehmen, für die eigentlich der Staat zuständig wäre.
Frage: Das spricht doch eigentlich gegen ein Engagement der internationalen Hilfsorganisationen?
Habermann: Nein, denn die Alternative wäre ja, die armen Bevölkerungsschichten allein und auf sich gestellt zu lassen. Das kann ja auch keine Lösung sein. Ich würde mir wünschen, dass die haitianische Bevölkerung mehr Druck auf die Politik ausübt, damit es endlich Fortschritte gibt.
Frage: Welche persönliche Bilanz ziehen Sie nach den vier Wochen in Haiti?
Habermann: Ich habe ja für Adveniat auch in einem Blog berichtet und einige der Reaktionen waren, dass mir die Menschen gesagt haben, sie finden es toll, dass ich ein solches Opfer bringe. Aber für mich war das kein Opfer. Erstens habe ich mir das selbst ausgesucht, zweitens habe ich menschliche Erfahrungen gemacht, die ich nicht mehr vergessen werde. Das Leben in einer Ordensgemeinschaft und die Kraft, die vom Engagement dieser Frauen ausgeht, haben mich nachhaltig beeindruckt.
Von Tobias Käufer (KNA)