Machtspiel ums Essen

Machtspiel ums Essen

Fairer Handel ‐ Deutschland soll sich beim G7-Gipfel im Juni in Bayern für soziale Mindeststandards bei der Produktion und dem Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen stark machen. Das forderten das bischöfliche Hilfswerk Misereor sowie das Forum Fairer Handel , Gepa , TransFair und der Weltladen-Dachverband am Dienstag in Köln. Menschenrechtsverletzungen und unhaltbare Lebens- und Arbeitsbedingungen seien nicht nur in Textilfabriken, sondern auch auf philippinischen Zuckerrohrfeldern und bei Kakaobauern in Nigeria, Kamerun oder der Elfenbeinküste „bittere Realität“, sagte Misereor-Vorstandsmitglied Thomas Antkowiak.

Erstellt: 20.05.2015
Aktualisiert: 26.07.2022
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Deutschland soll sich beim G7-Gipfel im Juni in Bayern für soziale Mindeststandards bei der Produktion und dem Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen stark machen. Das forderten das bischöfliche Hilfswerk Misereor sowie das Forum Fairer Handel , Gepa , TransFair und der Weltladen-Dachverband am Dienstag in Köln. Menschenrechtsverletzungen und unhaltbare Lebens- und Arbeitsbedingungen seien nicht nur in Textilfabriken, sondern auch auf philippinischen Zuckerrohrfeldern und bei Kakaobauern in Nigeria, Kamerun oder der Elfenbeinküste „bittere Realität“, sagte Misereor-Vorstandsmitglied Thomas Antkowiak.

Eine am Dienstag auf Deutsch veröffentlichte Studie des Fair Trade Advocacy Office beschreibt schwere Benachteiligungen kleinbäuerlicher Produzenten. Demnach bestimmen wenige Großabnehmer die Handelsbedingungen und setzen vielfach kleine Produzenten stark unter Druck. Misereor-Finanzvorstand Antkowiak wies darauf hin, dass drei Konzerne die Hälfte der globalen Kakao-Verarbeitung kontrollierten und fünf weitere Konzerne den weltweiten Markt für Schokolade. Alle stammten aus den G7-Ländern oder der Schweiz. „Diese Konzerne sind in der Pflicht, durch sorgfältige Prüfung dazu beizutragen, dass es in ihren Zulieferketten nicht zu Menschenrechtsverletzungen kommt. Dazu brauchen wir in den G7-Ländern gesetzliche Regelungen. Hier ist auch die Bundesregierung gefordert“, erklärte Antkowiak.

Appell an G7-Staaten

TransFair-Geschäftsführer Dieter Overath bekräftigte, dass Mindeststandards in der Landwirtschaft überfällig seien. „Die extreme Machtkonzentration verhindert Wettbewerb und damit faire Preise und Bedingungen. Darunter leiden insbesondere Kleinbauernkooperativen, deren Existenzgrundlage von ihren Exporten abhängt“, sagte Overath. „Wenn soziale Mindeststandards kein Lippenbekenntnis bleiben sollen, müssen die G7 Transparenz in Lieferketten sicherstellen und sich für existenzsichernde Einkommen und Löhne einsetzen.“

Als positives Beispiel für die Einhaltung von Sozial- und Umweltstandards verweist die Studie mit dem Titel „Wer hat die Macht? Machtkonzentration und unlautere Handelspraktiken in landwirtschaftlichen Wertschöpfungsketten“ auf den Fairen Handel . „Die Prinzipien des Fairen Handels – langfristige Verträge, kostendeckende Preise und transparente Handelsbedingungen – sollten Grundlage des gesamten Handels sein“, forderte daher Robin Roth, Vorstandsvorsitzender des Forums Fairer Handel.

Nach den Angaben der Studie lebt mehr als ein Drittel der Weltbevölkerung auf dem Land. 500 Millionen kleinbäuerliche Betriebe unterhalten etwa zwei Milliarden Menschen, und etwa 450 Millionen Arbeitskräfte sind weltweit in der Landwirtschaft tätig. (KNA/Misereor)

Studie „Wer hat die Macht?“

Die deutsche Kurzfassung der Studie (6 Seiten) mit einer Auswahl an Grafiken und den politischen Forderungen finden Sie unter

Kernaussagen der Studie:

Die Studie legt eine massive Machtkonzentration entlang von landwirtschaftlichen Wertschöpfungsketten offen: Einige wenige Unternehmen kontrollieren weltweit die Produktion und Vermarktung von Lebensmitteln. Der Missbrauch von Nachfragemacht führt zu unlauteren Handelspraktiken, sowohl im europäischen Einzelhandel als auch in den Produzentenländern und auf allen Ebenen der landwirtschaftlichen Wertschöpfungsketten.Dies hat in vielen Fällen schwerwiegende Auswirkungen auf Kleinbauern und Arbeiter insbesondere am Anfang der Lieferkette, sowohl in Europa als auch im globalen Süden: Die Folgen sind unsichere Lebensgrundlagen, Kinderarbeit, prekäre Anstellungsverhältnisse und Umweltzerstörung. Das europäische Wettbewerbsrecht ist nicht in der Lage, der Nachfragemacht angemessen zu begegnen und muss reformiert werden.