„Auf der Bischofssynode sind wir Weltkirche geworden“
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„Auf der Bischofssynode sind wir Weltkirche geworden“

Familiensynode ‐ Der Leiter des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat, Prälat Bernd Klaschka, hat die offene Debattenkultur auf der Familiensynode in Rom gewürdigt. Auch bei weiteren Vertretern der katholischen Kirche in Deutschland stießen die Ergebnisse des Weltbischofstreffens auf überwiegend positives Echo.

Erstellt: 27.10.2015
Aktualisiert: 27.10.2015
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Der Hauptgeschäftsführer des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat Prälat Bernd Klaschka hat die offene Debattenkultur auf der Familiensynode in Rom gewürdigt. „Auf der Bischofssynode sind wir Weltkirche geworden“, betonte Klaschka am Montag in Essen. Während in Europa viele von dem internationalen Bischofstreffen zu Ehe und Familie vor allem Ergebnisse erwartet hätten, habe Papst Franziskus die Kirche auf einen Prozess der „heilsamen Dezentralisierung“ geführt, wie er es selbst vor der Abschlusswoche der Bischofsversammlung formuliert habe, so der Adveniat-Chef.

Für Klaschka liegt hier der Schlüssel für das päpstlichen Verständnis einer offenen, den Menschen und ihren Lebenswirklichkeiten zugewandten, kultursensiblen Kirche. In der Hörfunk-Sendung „SWR-Forum: Das Kreuz mit der Familie“ zum Ende der Synode sagte Klaschka: „Wir müssen uns daran gewöhnen, dass in der Kirche kontrovers diskutiert wird, und dass es unterschiedliche Meinungen selbst unter denjenigen gibt, von denen wir sagen, dass sie die Fülle des Heiligen Geistes empfangen haben.“

Unterschiedliche Realitäten in den Blick nehmen

Entschieden machte der Leiter des Lateinamerika-Hilfswerks der katholischen Kirche deutlich: „Wir dürfen den Menschen den Zugang zu Gott nicht verwehren, sondern müssen ihnen zusagen: ‚Du bist von Gott geliebt, gerade auch wenn deine Lebensgeschichte mit Brüchen behaftet ist.'“ Es gelte, als Weltkirche auf die unterschiedlichen Realitäten mit einer Offenheit zu reagieren, die keinen ausschließt, sondern jedem, der zur Kirche gehören will, seinen berechtigten vollwertigen Platz einräumt. „Es geht darum, die komplexe Lebenswirklichkeit der Menschen, etwa der Wiederverheiratet-Geschiedenen, der alleinerziehenden Mütter – in Lateinamerika ein riesiges Problem –, oder der Kinder, die auf der Straße leben, in den Blick zu nehmen.“

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Indem Papst Franziskus mitten in der Kirche stehe und sich von einem absolutistischen Papstbild verabschiedet habe, gebe er dem Papstamt eine ganz neue Richtung. Klaschka betonte: „Das wichtigste am Papstamt ist für mich, dass der Papst die Einheit in der Vielfalt, in der Pluralität bewahrt – nicht in der Uniformität. Das ist nur möglich, wenn wir den Geist Gottes in der Kirche wirken lassen, Spannungen aushalten und nicht sofort nach einvernehmlichen Lösungen suchen. Denn wir leben als Weltkirche in unterschiedlichen Kulturen. Diese kulturellen Gegebenheiten muss die Kirche aufnehmen und vom auf Barmherzigkeit ausgerichteten Evangelium her – nicht von der Lehre her – eine Antwort auf die Fragen der Menschen geben, damit sie ihren Glauben leben können.“

Bischof Bode lobt „positiven Duktus“ des Synodenberichts

Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode lobte in diesem Zusammenhang das Abschlussdokument der Synode. Es werfe einen „sehr differenzierten Blick“ auf unterschiedliche Arten des Zusammenlebens und werte das sexuelle und geistige Leben von Familien in erster Linie positiv. Diese „Weite des Papiers“ sei viel wichtiger als mögliche Einzelentscheidungen, so Bode am Montag nach seiner Rückkehr aus Rom. Es sei Impuls für die Kirche, sich verstärkt um Familienseelsorge, Ehevorbereitung und die Begleitung von Paaren zu kümmern, „die nicht immer sofort eine Ehe anstreben“.

Angesichts der kulturellen Unterschiede in der Weltkirche habe er nicht immer mit dem Zustandekommen eines gemeinsamen Papiers gerechnet, sagte der Osnabrücker Bischof. „Deshalb bin ich sehr zufrieden damit, dass wir auf einem sehr offenen Weg nach vorn gekommen sind.“

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) hofft nach der Synode auf mehr Gestaltungsspielräume der Ortskirchen. Die Bischofskonferenz erhalte Raum, wiederverheirateten Geschiedenen „in Einzelfällen“ den Zugang zu den Sakramenten zu ermöglichen, sagte der Präsident des höchsten Gremiums der katholischen Laien in Deutschland, Alois Glück, dem „Tagesspiegel“ (Montag).

Deutsche Bischöfe arbeiten an Hirtenwort zu Ehe und Familie

Auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, zeigte sich am Montag in München „zufrieden, wenn auch nicht euphorisch“. Das Abschlussdokument löse nicht einfach Probleme, sondern sei ein Impuls für die Seelsorge.

Die Abschlussansprache von Papst Franziskus bezeichnete Marx als „Interpretationsschlüssel“, um den Bericht richtig zu lesen. Der Weg der Synode sei noch nicht zu Ende, sondern erst, wenn der Papst alles zusammengefasst habe. Wann mit einem solchen Papier zu rechnen sei, stehe bislang nicht fest, so der Kardinal. Er könne sich jedoch vorstellen, dass dies zum „Jahr der Barmherzigkeit“ passieren könne. Erst dann werde auch die Deutsche Bischofskonferenz ihr Hirtenwort zu Ehe und Familie veröffentlichen, an dem sie bereits seit längerem arbeite.  (lek/KNA/Adveniat)

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