Nicaragua: Bischöfe halten Tür für Dialog offen
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Nicaragua: Bischöfe halten Tür für Dialog offen

Nicaragua ‐ Trotz der zunehmenden staatlichen Repression gegen Zivilisten und Kirchenvertreter in Nicaragua wollen die Bischöfe den Gesprächsfaden mit Präsident Daniel Ortega nicht abreißen lassen. Die Zivilbevölkerung ruft die Kirche zugleich zu Gewaltlosigkeit auf.

Erstellt: 26.07.2018
Aktualisiert: 26.10.2022
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Trotz der zunehmenden staatlichen Repression gegen Zivilisten und Kirchenvertreter in Nicaragua wollen die Bischöfe den Gesprächsfaden mit Präsident Daniel Ortega nicht abreißen lassen. So haben sie den Präsidenten offenbar um Klärung der Frage gebeten, welche Rolle er in der politischen Krise für die Kirche sieht. Die Zivilbevölkerung ruft die Kirche zugleich zu Gewaltlosigkeit auf.

Der Versuchung, die Tür des Dialoges zu verschließen, hat Nicaraguas Kirche bislang nicht nachgegeben. Auch nach den immer neuen Toten und blutigeren Repressionen, den Übergriffen auf Kirchenvertreter und Kultstätten sowie den kruden Anschuldigungen, die Ortega zuletzt gegenüber den Bischöfen erhob. Die Oberhirten haben sich jetzt in einem Brief an den autoritären Staatschef gewandt: Ortega solle sich dazu äußern, ob er die Kirche weiter als Vermittlerin in der Krise sieht, so der Grundtonus des Schreiben laut der Nachrichtenagentur SIR, die an diesem Donnerstag darüber berichtet. Der genaue Wortlaut des Briefes liegt Vatican News bislang nicht vor.

Bischöfe schreiben an Ortega

Ortega hatte Nicaraguas Kirche in der vergangenen Woche beschuldigt, gemeinsame Sache mit Putschisten zu machen und deren Vorschlag vorgezogener Neuwahlen als Ausgang aus der politischen Krise entschieden abgelehnt. In einem Fernsehinterview mit Fox News legte er am Montag nach: für die Gewalt paramilitärischer Gruppen gegen Demonstranten und Kirchenvertreter sei er nicht verantwortlich, dahinter steckten die politische Opposition und Feinde Nicaraguas im Ausland. Zugleich forderte Ortega Nicaraguas Kirche in dem Interview dazu auf, weiter als mögliche Vermittlerin in der Krise zur Verfügung zu stehen. Vor dem Hintergrund der Vorwürfe der letzten Woche kam das überraschend – doch der Präsident dürfte wohl wissen, welch großen Rückhalt die Kirche in der Zivilbevölkerung hat. Einer Zivilbevölkerung, aus der sich inzwischen immer breitere Kreise gegen Ortega mobilisieren.

Solidaritätskundgebung für die Kirche

So haben zivilgesellschaftliche Gruppen, Studenten und Oppositionelle an diesem Mittwoch auch angekündigt, in Managua am Samstag Solidaritätskundgebungen für die Kirche – „die Verteidigerin der Wahrheit und Gerechtigkeit“ – durchführen zu wollen: ein klares Zeichen der Unterstützung für die Bischöfe, die in Nicaragua längst selbst in der Schusslinie stehen. Paramilitärs hatten in den letzten Wochen den päpstlichen Nuntius und Bischöfe tätlich angegriffen, christliche Kultstätten geschändet und Kirchen beschossen, in denen Demonstranten Schutz gesucht hatten.

Die bisher friedlichen Proteste des Volkes werden parallel dazu immer blutiger niedergeschlagen, mindestens 360 Tote soll es inzwischen gegeben haben, von Verhaftungen Oppositioneller und auch Folter ist die Rede. Die Interamerikanische Menschenrechtskommission (CIDH) sprach mit Blick auf das Durchgreifen der Regierung gegen das nicaraguanische Volk von „Morden, extralegalen Hinrichtungen, Misshandlungen“. Das Menschenrechts-Hochkommissionariat der Vereinten Nationen (ACNUDH) schloss sich der Kritik an.

Die Lage sei ruhig, beschönigte Ortega am Montag die Unruhen im Land, während Kirchenvertreter und andere Beobachter vor Ort von gezielter Verfolgung und Gewalt gegen Zivilisten sprechen. Im Interview mit Vatican News schilderte der Generalvikar von Managua, Carlos Avilés Cantón, am Mittwochnachmittag hörbar erregt die dramatischen Zustände. Der Dialogbeauftragte der nicaraguanischen Bischofskonferenz widersprach dabei dem von Ortega auf Fox News gezeichneten Bild:

„Ich weiß wirklich nicht, von welchem Land Ortega da spricht und wem er ein solches Trugbild präsentieren will. Er verbreitet grobe Lügen und Unwahrheiten. Im nördlichen Jinotega haben Paramilitärs in diesen Tagen noch drei Menschen umgebracht, junge Leute werden von vermummten Milizen aus den Häusern geholt, das sind regelrechte Entführungen durch die Paramilitärs, die mit Kriegswaffen hohen Kalibers versorgt werden. In welchem Land lebt Ortega? Diese Woche gab es die größten Spannungen seit Beginn der Konflikte.“

Kirche weiter unter Beschuss

Auch die Kirche stehe weiter unter Beschuss, so der Generalvikar von Managua weiter: „Sechs Priester der Erzdiözese von Managua haben Todesdrohungen erhalten. In der Maria Maddalena-Gemeinde in Managua haben bewaffnete Männer um sich geschossen und alle Scheiben zerstört. Paramilitärs haben zudem weitere Kirchen in Jinotepe, Diriamba und Managua angegriffen, wo auch die Kathedrale belagert wird. Wir sind zu einer Zielscheibe geworden, weil wir die Kirchen für Gläubige geöffnet haben, die fliehen müssen und leiden.“ Für Ortega seien die Bischöfe damit alle zu „Terroristen“ geworden, fügte der Geistliche bitter an. Er hatte Bürger, die Demonstranten vor Übergriffen der Paramilitärs schützen, so bezeichnet.

Von Anne Preckel und Patricia Ynestroza (Vatican News)

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