Papst beendet Reise nach Ostafrika
Papst ‐ Fünf Programmtage, drei Länder - Papst Franziskus besuchte mit Mosambik, Madagaskar und Mauritius Staaten mit je eigener komplexer Geschichte und Gegenwart. Manches blieb angerissen; deutlich wurde Franziskus dennoch.
Aktualisiert: 10.09.2019
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Fünf Programmtage, drei Länder - Papst Franziskus besuchte mit Mosambik, Madagaskar und Mauritius Staaten mit je eigener komplexer Geschichte und Gegenwart. Manches blieb angerissen; deutlich wurde Franziskus dennoch.
Die handfesten Botschaften zuerst: In Mosambik bestärkte Franziskus die über Jahrzehnte verfeindeten Parteien Frelimo und Renamo im erneuten Anlauf, ihre Anliegen künftig demokratisch statt blutig zu verfechten. „Mut zum Frieden“ legte er den Politikern in Maputo nahe. Ihr gerade fünf Wochen zuvor geschlossenes Abkommen würdigte er als einen „Meilenstein“. Der historische Friedensvertrag von 1992, mit kirchlicher Unterstützung ausgehandelt, sollte einen langen Bürgerkrieg beenden, hatte sich aber wiederholt als brüchig erwiesen.
Franziskus weiß, dass eine dauerhafte Versöhnung Aufgabe der jungen Generation ist, die bislang vor allem Misstrauen und eine zumindest lauernde Gewalt kennengelernt hat. Junge Menschen aller Glaubensrichtungen rief er bei einem Treffen im Sportpalast Maxaquene auf, „eine neue Seite der Geschichte zu schreiben, voll Hoffnung, Frieden und Versöhnung“. Solidarität untereinander sei die „beste Waffe, um die Geschichte zu verändern“, gab der Papst den Jugendlichen mit.
„Die Solidarität ist die beste Waffe, um die Geschichte zu verändern.“
Unverblümt sprach er in der Schlussmesse das Paradox an, dass Mosambik über große Reichtümer verfügt, aber von bitterer Armut geprägt ist. Zuweilen scheine es, dass jene, die Hilfe anböten, eigene Interessen verfolgten, so Franziskus: „Es ist traurig, wenn es Geschwister des gleichen Landes sind, die sich zu Korruption verleiten lassen.“
Krasse Armut erwartete den Papst auch in Madagaskar. Drei Viertel der Menschen müssen mit weniger als 1,90 US-Dollar pro Tag auskommen; mehr als acht von zehn Madagassen auf dem Land haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Reichtum und Einfluss liegen in der Hand von kaum zwei Dutzend Familien. Die politische und gesellschaftliche Elite erinnerte der Papst im Präsidentenpalast an das Leitbild der „fihavanana“, des „Geistes der Gemeinsamkeit“ in der Präambel der Verfassung.
Er redete ihnen ins Gewissen, „gegen alle Formen von Korruption und Spekulation vorzugehen, die die soziale Ungleichheit erhöhen“; Maßnahmen für bessere Einkommensverteilung forderte er und mehr Chancen auf Arbeit und Mitgestaltung. Die Bischöfe hielt er zu einem prophetischeren Auftreten gegenüber dem Staat an. Der „Biss des Evangeliums“ dürfe nicht durch „fragwürdige Übereinkünfte“ mit dem Staat verloren gehen.
Auch in einer Messe vor mehreren hunderttausend Menschen in der Hauptstadt Antananarivo verurteilte er einen „Wettstreit im Ansammeln von Gütern“ und Ausbeutung. Günstlingswirtschaft und Clandenken sind nach seinen Worten auch in der Kirche nicht fremd. „Eine der schlimmsten Sklavereien“ sei es, sich im privaten Glück einzuschließen. Madagaskar hat eine bittere Geschichte als Sklaveninsel.
Ein großes Thema ist der Schwund der einzigartigen Artenvielfalt. Deutlich kritisierte Franziskus die „exzessive Entwaldung, die nur dem Vorteil einiger weniger dient“. Sie bedrohe die Zukunft des Landes wie auch die Biodiversität an sich.
Ein großes Thema ist der Schwund der einzigartigen Artenvielfalt. Deutlich kritisierte Franziskus die „exzessive Entwaldung, die nur dem Vorteil einiger weniger dient“. Sie bedrohe die Zukunft des Landes wie auch die Biodiversität an sich.
Die letzte Station des Papstes galt Mauritius, Urlaubs- und Steuerparadies und einer der am besten entwickelten Staaten Afrikas. Die Gesellschaft der Insel hat sich, wenn auch durch dunkle Zeiten hindurch, aus Zuwanderern geformt. Doch die erfolgreich zusammengeschweißte Vielfalt aus Ethnien und Religionen zeigt Risse, nachdem die Wirtschaftsentwicklung nicht mehr so glücklich verläuft.
Franziskus erinnert die Mauritier an den Missionar Jacques-Desire Laval (1803-1864) als „Apostel der mauritischen Einheit“; vor 40 Jahren war der französische Geistliche, der sich um ehemalige Sklaven sorgte, von Johannes Paul II. seliggesprochen worden. Für Franziskus ist Mauritius ein Beispiel, wie Kulturen und Religionen sich gegenseitig bereichern und einen „Weg des Zusammenlebens“ finden könnten.
Als weitere Herausforderung sprach er die Jugendarbeitslosigkeit an, die inzwischen über 25 Prozent erreicht hat. Den weiter aufstrebenden Staat, der bis 2030 global zu den Ländern mit hohen Einkommen gehören will, mahnte der Papst zu einer Wirtschaftspolitik, die Gewinne besser verteilt und neue Arbeitsplätze sowie Förderung der Armen sicherstellt.
Vieles auf der Reise blieb angedeutet oder ungesagt. Das Thema Aids etwa: Mosambik weist nicht nur eine der höchsten Geburtenraten der Welt auf, sondern liegt auch bei der Verbreitung des HI-Virus auf den ersten Plätzen. Als eine Ursache gelten mangelnde Aufklärung und unzureichender Zugang zu Verhütungsmitteln.
Franziskus vermied jede moraltheologische Debatte und schlug einen geistlichen Ton an. Aids-Patienten verglich er mit Menschen, die am Straßenrand liegengeblieben sind und denen man über eine medizinische Behandlung hinaus ihre Würde zurückgeben müsse. Solche Zurückhaltung stieß bei einheimischen Theologen auf Beifall. Fragen der Sexualität sind in Afrika zu sehr mit einem Tabu behaftet, als dass man so offen wie in Europa darüber reden könnte.
Ähnlich ließ der Papst die Frage der Familienplanung aus. Franziskus weiß, dass ein Appell zu verantworteter Elternschaft und Augenmaß in Moralfragen die schwelende Debatte mit ultrakonservativen Katholiken angeheizt hätte. Zudem entging er so der Verdächtigung durch afrikanische Gastgeber, sich zum Helfer des Westens zu machen, der aus Eigeninteressen das Bevölkerungswachstum in Afrika dämpfen will.
Wie behutsam der Papst sozialpolitische Anliegen vorbringen kann, zeigte er auch bei Arbeitern in Antananarivo. Die Forderung nach gerechten Löhnen und menschenwürdigen Beschäftigungsverhältnissen fasste er in die Form eines Gebets – und entzog sie damit einer parteipolitischen Verzweckung.
Im Vorfeld der Reise war erwartet worden, dass Franziskus in Mosambik die Region Beira besucht, die im März vom Zyklon „Idai“ verwüstet wurde. Doch der Abstecher fand nicht statt. Kirchenvertreter nannten dafür unterschiedliche Gründe: Mal hieß es, das Besuchsprogramm habe schon vor der Sturmkatastrophe festgestanden, mal wurde die geschwächte Infrastruktur angeführt.
Franziskus beteuerte, er sei den Betroffenen in Gedanken nahe. Am letzten Morgen in Maputo bekam er einen hölzernen Kreuzstab geschenkt, gefertigt aus Trümmerholz von Beira. Er benutzte ihn bei der Abschlussmesse; so waren für ihn auch die Leidenden von Beira gegenwärtig.
Von Burkhard Jürgens (KNA)
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