Was Missio München mit seiner Arbeit vermitteln möchte
Mission ‐ Papst Franziskus hat den Oktober zum „Außerordentlichen Monat der Weltmission“ ausgerufen. Der inhaltliche Schwerpunkt liegt auf Nordostindien. In der Region, die über einen Korridor mit Zentralindien verbunden ist und an Länder wie Bangladesch, China und Myanmar grenzt, leben 35 Millionen Menschen. Davon sind 1,7 Millionen Katholiken - und ihre Zahl in den 15 Diözesen wächst. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) sprach mit dem Bischof von Agartala, Lumen Monteiro (67), und dem Präsident von Missio München, Wolfgang Huber, (56) über Mission heute und was Katholiken voneinander lernen können.
Aktualisiert: 24.07.2023
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Papst Franziskus hat den Oktober zum „Außerordentlichen Monat der Weltmission“ ausgerufen. Der inhaltliche Schwerpunkt liegt auf Nordostindien. In der Region, die über einen Korridor mit Zentralindien verbunden ist und an Länder wie Bangladesch, China und Myanmar grenzt, leben 35 Millionen Menschen. Davon sind 1,7 Millionen Katholiken - und ihre Zahl in den 15 Diözesen wächst. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) sprach mit dem Bischof von Agartala, Lumen Monteiro (67), und dem Präsident von Missio München, Wolfgang Huber, (56) über Mission heute und was Katholiken voneinander lernen können.
Frage: Bischof Monteiro, was heißt es als katholischer Christ in Nordostindien zu leben?
Monteiro: Da ich aus Goa stamme, das tausende Kilometer entfernt ist, bin ich so etwas wie ein Missionar im eigenen Land. Diese Gegend ist schon wegen der Lage und des Klimas ganz anders als Zentralindien. In den sieben, sehr bergigen Bundesstaaten leben viele indigene Stämme neben Bengalis und Einwanderern aus den Nachbarländern. Die Menschen schauen meist nicht wie klassische Inder aus, sondern haben einen mongolischen Einschlag. Die Herausforderungen sind gewaltig.
Frage: Und zwar welche?
Monteiro: Die Integration gehört dazu. Da hat die Politik aber in den vergangenen 25 Jahren einiges erreicht. Die Kommunikation wird besser, die Leute bekommen Jobs. In dem Bundesstaat, in dem ich zu Hause bin, beträgt die Katholikenzahl an der Gesamtbevölkerung an die fünf Prozent. Wir haben gelernt, mit vielen anderen Religionen zusammenzuleben. Meine Diözese Agartala, vor 23 Jahren durch Papst Johannes Paul II. gegründet, macht auch sehr viel Sozialarbeit, ohne dafür zu werben. Dazu gehören Selbsthilfegruppen für Frauen, um ihr eigenes Gewerbe mit Handarbeiten oder Agrarwaren zu betreiben. Diese haben meist keine richtige Ausbildung und erhalten so die Chance, Fuß zu fassen und Geld für sich und ihre Familie zu verdienen.
Frage: Warum werden gerade Frauen gefördert?
Monteiro: Weil sie bei den indigenen Stämmen mehr geschätzt werden als in der sonstigen Gesellschaft. Die Leute in diesen Gemeinschaften sind besonders zugänglich, eben auch für den Glauben. Familienleben ist ihnen wichtig. Wenn wir mal eine Besprechung haben, wollen alle dabei sein. Das dauert dann natürlich. Zuhören, reden und überlegen, was wir gemeinsam tun können, das ist der heutige Weg von Mission. Die Leute gehorchen noch dem, was der Papst sagt, und passen auf, dass der Bischof das auch tut.
Frage: Ihr Projekt „Just Agartala“ hilft den Frauen, wirtschaftlich selbstständig zu sein. Diese werden bestimmt selbstbewusster dadurch. Sind sie denn auch interessiert etwa an einem Thema wie der Rolle der Frau in der Kirche?
Monteiro: Das sind starke Frauen, tiefgläubig, aber einfache Leute, für die das kein Thema ist. Das braucht Bildung und wohl noch Zeit, bis so etwas angesprochen wird. Die Stellung der Frau in der indischen Gesellschaft ist ja keine einfache. Allerdings haben die Frauen in den indigenen Stämmen durchaus mehr zu sagen als man meinen möchte. Wir versuchen sie zu bestärken, in der Erziehung der Kinder mehr mitzuwirken und diese etwa bei Fehlverhalten zu korrigieren. Denn das wird in den Gemeinschaften sonst mehr dem Mann überlassen. An sich aber gilt gemeinhin bei der Debatte um die Gleichberechtigung der Geschlechter, dass Indien hier weit zurückliegt.
Frage: Papst Franziskus hat die Gläubigen aufgerufen, missionarisch tätig zu sein und an die Ränder zu gehen. Wie versteht Missio München dies und wie versteht dies ein indischer Bischof?
Huber: Für Missio München ist es wichtig, die Menschen in den verschiedenen Gegenden der Welt zu unterstützen. Dabei legen wir Wert darauf, dass die Würde eines jeden geachtet wird, egal ob Mann, Frau oder Kind. Das ist für mich das missionarische Zeugnis, das wir zu geben haben. Wir wollen zu unseren Partnern in den jeweiligen Ländern eine Beziehung aufbauen. Zudem geht es darum, untereinander als Christen mit dem Hintergrund der verschiedenen Ethnien in der katholischen Kirche sich austauschen. Der Monat der Weltmission gibt dazu die Möglichkeit. Natürlich ist Geld notwendig, um Projekte zu finanzieren. Aber uns kommt es in erster Linie auf den Austausch an.
Monteiro: Missio ist für meine Diözese einer der wichtigsten Partner, um überhaupt eine Infrastruktur aufbauen zu können. Kirchen und Kapellen wurden errichtet, aber wir bieten eben auch Bildung und soziale Hilfen an. Die Zahl der Katholiken wächst. Die Leute sind tiefgläubig und strahlen eine immense Freude aus. Wenn ich in die Dörfer komme, erlebe ich das. Das bestätigen uns auch deutsche Besucher. Wir tun also, was der Papst uns aufträgt. Auch wenn unsere Leute nicht viel Geld haben, so geben sie dennoch am Missionssonntag ein paar Rupien, um ihrerseits einen Beitrag zu leisten.
Frage: Warum wollen die Leute in Ihrer Gegend Christen werden?
Monteiro: Das ist nicht leicht zu beantworten. Wir erzählen ihnen eben, wie schön es ist, Christ zu sein. Das ist alles. Dazu kommt unser Engagement für Bildung, die soziale Arbeit und Gesundheitsfürsorge. Krankenhäuser gibt es in dieser Gegend nicht. Malaria ist in Nordostindien eine Gefahr. Es war die katholische Kirche, die mit der Regierung hier gemeinsam ein Projekt machte. Wir gehen in die Dörfer und kümmern uns um die Menschen. Wir brachten Moskito-Netze und Medizin. Wir reden nicht viel darüber, aber so entsteht Vertrauen.
Huber: Glaube braucht Motivation, wie Papst Franziskus immer wieder betont. Gerade wir in Deutschland, in der alten Kirche, sind da etwas müde geworden. Diese jungen Kirchen aber zeigen uns, wie es geht und dass Mission keine Einbahnstraße ist, sondern beide Seiten voneinander lernen können.