An Seiner Sendung teilhaben
Unter „christlicher Mission“ versteht man die weltweite Verbreitung des Evangeliums Jesu Christi, dessen friedliche Annahme zum Glauben (Konversion) und zur Glaubensgemeinschaft (Kirche) führt. Schon seit biblischen Zeiten gehört es zur Sendung der Kirche, das Evangelium zu verkünden, zu “evangelisieren”. Daher spricht die Kirche heute oft von einer doppelten Evangelisierung, einer ersten unter nichtchristlichen Völkern etwa in Asien und einer erneuten in zwar christianisierten, aber säkularisierten Gesellschaften wie in Europa. Heute umfasst die katholische Weltkirche ungefähr 1,2 Milliarden Mitglieder in fast allen Weltgegenden und Kulturen.
Aktualisiert: 29.06.2023
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Das Christentum konnte deshalb zu einer Weltreligion werden und sich in allen Kulturen einwurzeln, weil seine universale Botschaft alle geographischen, ethnischen und sozialen Grenzen überwindet und die Geschichte Gottes mit allen Völkern eröffnet. Alle vier Evangelien enden mit einem neuen Anfang. Denn der auferstandene Jesus erteilt den Jüngern eine universale Sendung, gibt ihnen eine Mission, über alle zeitlichen und räumlichen Grenzen hinweg, „bis an die Grenzen der Erde“ (Apg 1,8). Diese Entgrenzung zeigt die universale Bedeutung Jesu Christi als der geschichtlichen Offenbarung der Liebe Gottes, die für „alle Völker“ (so Mt und Lk) gilt und die „ganze Welt“ (so Mk) betrifft.
Ausbreitung des Glaubens auf vielfältige Weise
Mission hat im Lauf von zwei Jahrtausenden je nach Ort und Zeit viele Weisen entfaltet, entweder durch Kommunikation im sozialen Umfeld, wie der Familie, dem Freundes- oder beruflichen Kreis, oder durch ausgebildete Missionare. Mission geschieht durch das Lebenszeugnis und den anziehenden Gottesdienst, durch Verkündigung oder in christlichen Gemeinschaften, durch caritatives Wirken oder in Begegnung mit der Kultur. Seine erste Ausbreitung erlangte der Glaube im Mittelmeerraum, dann wurden über einen Zeitraum von 1000 Jahren alle Völker Europas christianisiert. In der frühen Neuzeit zogen die Glaubensboten nach Asien und ins neu entdeckte Amerika, ab dem 19. Jahrhundert schließlich auf den afrikanischen Kontinent. Die Missionsgeschichte kennt glänzende Beispiele des selbstlosen Einsatzes für das Reich Gottes, aber auch Schattenseiten wie Zwang oder Verquickung mit dem Kolonialismus.
Mission heute
Im Zeitalter der Globalisierung hat das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) ein neues Missionsverständnis formuliert, zu dem die Religionsfreiheit (Dignitatis humanae) und ein positives Verhältnis zu den nichtchristlichen Religionen (Nostra Aetate) gehören. Die neue Sicht entfaltet das Missionsdekret Ad gentes, das die Mission der Kirche in der Sendung Christi (Inkarnation) und in der Sendung des Heiligen Geistes (Pfingsten) begründet. Beide entspringen der Liebe Gottes des Vaters. Alle Menschen und Völker sollen an der Liebe Gottes teilhaben.
Die Kirche ist daher wesentlich „missionarisch“, es geht um Inkulturation auf allen sechs Kontinenten. Auch Johannes Paul II. betonte in seiner Missionsenzyklika Redemptoris missio (1990) , dass die Kirche zu neuen Ufern aufbrechen müsse und nahm daher neue soziale Welten wie Armut, Großstädte und Migranten in den Blick. Missionarische Tätigkeit im integralen Sinn umfasst neben dem Lebenszeugnis und der Verkündigung den Einsatz im Bildungs- und Gesundheitswesen und in der Entwicklungszusammenarbeit.
„Die missionierende Weltkirche ist eine kommunikative Lerngemeinschaft, eine spirituelle Gebetsgemeinschaft und eine diakonische Solidargemeinschaft.“
Die deutschen Katholiken unterstützen die Weltkirche mit den kirchlichen Hilfswerken und den missionierenden Orden, aber auch durch die zahlreichen Gruppen und Initiativen, die sich für die Eine Welt einsetzen. Die deutschen Bischöfe haben mit dem Dokument Allen Völkern Sein Heil (2004) programmatisch dazu beigetragen. Sie sehen eine missionierende Weltkirche als kommunikative Lerngemeinschaft, als spirituelle Gebetsgemeinschaft und als diakonische Solidargemeinschaft.
Stand: September 2012
Zum Autor
Prof. Dr. Michael Sievernich SJ war von 2010 bis 2016 Vorsitzender des Internationalen Instituts für missionswissenschaftliche Forschungen e. V. (IIMF)
Allen Völkern Sein Heil
In ihrem Dokument Allen Völkern Sein Heil (2004) beschreiben die deutschen Bischöfe eine missionierende Weltkirche als kommunikative Lerngemeinschaft, als spirituelle Gebetsgemeinschaft und als diakonische Solidargemeinschaft.
Zur Geschichte christlicher Mission
Auf der Webseite des Projektes "Europäische Geschichte Online" (EGO) des Leibniz-Institut für Europäische Geschichte in Mainz finden Sie zwei ausführliche Artikel von Prof. Dr. Sievernich SJ. Sie bieten eine umfassende Einführung in die Geschichte christlicher Mission in Europa.