Zeuge belastet El Salvadors Militärs in Jesuiten-Mordprozess

Zeuge belastet El Salvadors Militärs in Jesuiten-Mordprozess

Mittelamerika ‐ Ein Ex-Militär erhebt schwere Vorwürfe gegen die mutmaßlichen Drahtzieher des Jesuiten-Massakers von El Salvador. Auch der ehemalige Regierungschef des zentralamerikanischen Landes gerät unter Druck.

Erstellt: 14.07.2020
Aktualisiert: 23.03.2023
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Ein Ex-Militär erhebt schwere Vorwürfe gegen die mutmaßlichen Drahtzieher des Jesuiten-Massakers von El Salvador. Auch der ehemalige Regierungschef des zentralamerikanischen Landes gerät unter Druck.

El Salvadors ehemalige Militärchefs und der damalige Regierungschef des zentralamerikanischen Staates geraten im Madrider Jesuiten-Mordprozess unter Druck. Ex-Leutnant Rene Mendoza bestätigte vor Gericht, dass die Militärs bei einem Treffen am 15. November 1989 die Ermordung von fünf spanischen Jesuiten und Befreiungstheologen geplant und angeordnet hätten.

Nach einem Treffen in einer Militärschule habe Oberst Guillermo Alfredo Benavides erklärt, dass die Stabschefs die Beseitigung der Personen sowie aller möglicher Zeugen befohlen hätten, zitieren spanische Medien (Donnerstag) aus Mendozas Aussagen.

Der Zeuge belastete indirekt auch den damaligen Präsidenten Alfredo Cristiani: Sollte dieser in letzter Minute nicht noch Einspruch gegen die Mordpläne einlegen, würde alles wie geplant vollzogen, erinnerte sich der frühere Soldat an entsprechende Anweisungen.

Das Veto des Präsidenten blieb offenbar aus. Am 16. November 1989 stürmte die Todesschwadron der salvadorianischen Streitkräfte, der auch Mendoza angehörte, im Morgengrauen das Gelände der Zentralamerikanischen Universität UCA in der Hauptstadt San Salvador. Sie erschoss die fünf spanischen sowie einen einheimischen Jesuiten.

Die Männer holten die Jesuiten aus ihren Betten, schleiften sie nach draußen und erschossen sie dort kaltblütig auf einem Rasenstück. Auch die Haushälterin und deren damals 15 Jahre alte Tochter wurden getötet, um keine Zeugen zurückzulassen. Die Geistlichen, vor allem Wortführer und Universitäts-Rektor Pater Ignacio Ellacuria, hatten die Menschenrechtsverletzungen des Militärregimes kritisiert. So rückten sie schließlich ins Fadenkreuz der Junta. Bisher wurde nur ein einziger Soldat für die Bluttat zur Verantwortung gezogen.

Vom Angeklagten zum Zeugen

Nach dem Bürgerkrieg wurde El Salvador zwar allmählich demokratisch, regimefreundliche Kräfte behielten jedoch ihren Einfluss. So verabschiedete die Regierung 1993 ein Amnestiegesetz, wodurch auch die am Jesuiten-Massaker beteiligten Militärs Schutz genossen. Erst 2016 wurde dieses Gesetz für verfassungswidrig erklärt.

Ex-Leutnant Mendoza kann für seine Beteiligung nicht mehr zur Rechenschaft gezogen werden. Die Vorwürfe gegen ihn sind laut Medienberichten verjährt. Die Staatsanwaltschaft zog die Anklage gegen ihn zurück und machte ihn kurzerhand zum Zeugen. Seine Aussage belastet nun allerdings den ebenfalls in Madrid vor Gericht stehenden Inocente Montano.

Der damalige Oberst und spätere Vize-Verteidigungsminister El Salvadors soll dem Treffen beigewohnt haben, bei dem die Ermordung der Geistlichen beschlossen worden sei. – Es war ein politischer Auftragsmord –, sagt Theologieprofessor und Nebenkläger Juan Jose Tamayo. So sieht es auch die spanische Staatsanwaltschaft, die für Montano 150 Jahre Haft fordert, weil er das Massaker mitgeplant und ausgeführt haben soll. Da Spanien rechtzeitig einen Auslieferungsantrag stellte, sind seine Taten nicht verjährt. Montano erklärt sich trotz allem für unschuldig.

Von Manuel Meyer (KNA)

© Text: KNA