Trotz Waffenstillstand: Kämpfe um Berg-Karabach gehen weiter
Kleiner Kaukasus ‐ Nach BBC-Informationen haben seit Beginn der Kampfhandlungen mehr als 300 Menschen ihr Leben verloren. Papst Franziskus rief die Kriegsparteien zur Einhaltung des Waffenstillstands auf.
Aktualisiert: 31.01.2023
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Seit Beginn der Kampfhandlungen haben nach BBC-Informationen mehr als 300 Menschen ihr Leben verloren, darunter auch 60 Zivilistinnen und Zivilisten. Papst Franziskus rief die Kriegsparteien zur Einhaltung des Waffenstillstands auf.
Die ehemaligen Sowjetrepubliken Armenien und Aserbaidschan streiten sich seit Jahrzehnten erbittert um die Region im Südkaukasus, die mehrheitlich von Armeniern bewohnt wird. Vor drei Wochen entbrannten die Kämpfe neu. Die selbsternannte „Republik Artsakh“ wird international nur von Armenien anerkannt; völkerrechtlich ist sie Teil Aserbaidschans. Darüber, wer oder was die derzeit schwelenden Kriegshandlungen begonnen hat, gibt es bislang sehr unterschiedliche Angaben.
Aserbaidschan möchte die Kontrolle über das Territorium zurück gewinnen, das sich selbst als „Republik Artsakh“ bezeichnet. Armenien wirft Aserbaidschan vor, die armenische Bevölkerungsmehrheit aus der Region verdrängen zu wollen. Zuletzt hatten beide Seiten, nach mehreren Vermittlungsversuchen Moskaus, eine humanitäre Waffenruhe verkündet. Diese wird von den Kriegsparteien bislang offenbar nicht komplett eingehalten.
Erzbischof von Berg-Karabach hofft auf Merkel
Der Erzbischof von Berg-Karabach, Pargew Srbazan, setzt bei der Lösung des armenisch-aserbaidschanischen Konflikts auch auf die deutsche Bundesregierung. „Merkel hat einen großen Einfluss und kann ihre Stimme erheben“, sagte Srbazan der „Bild“-Zeitung (Samstag). Die Bundeskanzlerin könne zu Aserbaidschan sagen: „Stoppt jetzt sofort! Und sie kann dabei helfen, eine Lösung und Frieden zu finden.“
Die Bundesregierung rief derweil beide Seiten auf, den Waffenstillstand zu respektieren und weitere Opfer unbedingt zu vermeiden. „Wir begrüßen den erklärten Willen beider Länder zur Aufnahme substanzieller Verhandlungen unter Vermittlung der Ko-Vorsitzenden der Minsk-Gruppe der OSZE und auf der Grundlage der Grundprinzipien der Konfliktregelung“, erklärte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts am Samstag in Berlin. Jetzt sollte intensiv an einer friedlichen und dauerhaften Lösung des Konflikts gearbeitet werden.
Bei den Kämpfen im Südkaukasus war am Donnerstag auch die armenisch-apostolische Christ-Erlöser-Kathedrale in der Stadt Schuscha bei mehreren Angriffen schwer beschädigt worden. In der Decke der weißleuchtenden Bischofskirche sei ein großes Loch und Kirchenbänke seien zerstört, berichtet die Zeitung. In den Gewölben unter der Kathedrale hätten Frauen und Kinder Schutz gesucht, sie seien jedoch unverletzt geblieben. „Auf einmal explodierte es da oben! Ich weiß nur, dass es auf einmal laut wurde, Staub und Rauch war überall. Ich habe angefangen, im Dunkeln die Kinder zu rufen“, sagte die Anwohnerin Aljona der „Bild“. Die 33-Jährige hielt sich demnach mit ihren drei Kindern im Keller der Kirche auf.
Papst fordert Einhaltung des Waffenstillstands im Kaukasus
Der Papst hat das auf Vermittlung Moskaus geschlossene Waffenstillstandsabkommen zwischen Aserbaidschan und Armenien begrüßt. Beim Mittagsgebet am Sonntag auf dem Petersplatz ermutigte Franziskus die Konfliktparteien, sich daran zu halten und den Verlust von Menschenleben zu vermeiden. Auch gelte es, Häuser und Kirchen nicht weiter sinnlos zu zerstören, um der Bevölkerung unnötiges Leid zu ersparen.
Renovabis unterstützt Vertriebene
Mit Unterstützung des Osteuropa-Hilfswerks Renovabis konnten derweil rund 50 vertriebene Familien aus der umkämpften Kaukasus-Region nahe Gyumri in einer Einrichtung der Caritas Armenien untergebracht werden. Hierfür wurde zunächst eine Soforthilfe in Höhe von 30.000 Euro bereitgestellt. Die von dem Krieg in ihrer Heimat Betroffenen — darunter mehrheitlich Frauen und Kinder — werden in einem früheren Sommerferienlager untergebracht. Für die nächsten zwei Monate ist für die Familien der Aufenthalt bei Renovabis-Projektpartner Caritas Armenien gesichert.
50.000 Euro Nothilfe von Caritas international für Berg-Karabach
Auch Caritas international stellt Gelder für die Flüchtlingshilfe um Berg-Karabach zur Verfügung. Insgesamt 50.000 Euro stehen zur Verfügung. Es brauche dringend schnelle Hilfen für Lebensmittel und warme Kleidung, erklärte die Hilfsorganisation am Dienstag in Freiburg. „Es ist wie immer, Verlierer in diesem Krieg sind die Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen müssen, um ihr Leben zu retten“, sagte Caritas international-Leiter Oliver Müller.
Die Hilfsorganisation rief die Konfliktparteien auf, den ausgehandelten Waffenstillstand zu achten. Armenien und Aserbaidschan streiten seit Jahrzehnten um das Gebiet. Vor zwei Wochen eskalierte der Konflikt militärisch. Laut Caritas sind inzwischen Zehntausende Menschen armenischer Abstammung aus dem völkerrechtlich zu Aserbaidschan gehörenden Gebiet nach Armenien geflohen.
Als „zweite Front“ komme jetzt noch ein dramatischer Anstieg bei Corona-Infektionen in Armenien hinzu, so Caritas international. Vor dem Ausbruch der Kämpfe sei die Pandemie in dem Land weitgehend unter Kontrolle gewesen, nun stiegen die Fallzahlen sprunghaft.
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© Text: KNA/Renovabis/Vatican Media
Aktualisiert am 13.10.2020: Caritas-Hilfe