Erneute Heuschreckenplage bedroht Ostafrika
Afrika ‐ Ostafrika ist derzeit von einer zweiten Welle der seit mehr als einem Jahr grassierenden Heuschreckenplage betroffen. Misereor warnt daher vor neuem Hunger in Kenia, Somalia und Äthiopien.
Aktualisiert: 27.07.2022
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Ostafrika ist derzeit von einer zweiten Welle der seit mehr als einem Jahr grassierenden Heuschreckenplage betroffen. Darauf weist das Hilfswerk Misereor hin. „Wir beobachten mit großer Sorge, dass die Schädlinge in Ländern wie Kenia, Somalia und Äthiopien erneut die Ernährungssicherheit der Bevölkerung bedrohen, weil Ernten vernichtet werden und damit neuer Hunger droht“, warnt Misereor-Geschäftsführer Martin Bröckelmann-Simon.
In Somalia wurde angesichts der bedrohlichen Situation im südlichen Teil des Landes bereits der Ausnahmezustand verhängt, wie örtliche Medien berichten. In zahlreichen ostafrikanischen Regionen gefährdet die Heuschrecken-Invasion auch die Lebensgrundlage vieler mobiler Tierhalter*innen, deren Vieh aufgrund der aktuellen Krisen-Lage bereits weniger Futter findet. Noch beschränkt sich die Plage auf einige wenige Länder, doch die Welternährungsorganisation FAO warnt bereits, dass die Heuschrecken sich auch in weiteren Staaten wie Uganda, Südsudan, Eritrea und Dschibuti breitmachen und dort großen Schaden anrichten könnten.
Regenfälle und Kriege als Ursache
Die Heuschreckenplage hat nach Einschätzungen von Experten im Wesentlichen zwei Ursachen: Zum einen die – auch klimawandelbedingt – sehr feuchten Wetterbedingungen über der arabischen Halbinsel und dem Horn von Afrika seit 2018, zum anderen die Gewalt in Jemen und Somalia. „Letztere verhinderte wirksame Eindämmungsmaßnahmen gegen die Heuschrecken“, erklärt Sabine Dorlöchter-Sulser, Fachreferentin für ländliche Entwicklung bei Misereor.
Seit Ende 2019 konnten sich die Heuschreckenschwärme nicht nur über zahlreiche Länder im östlichen Afrika ausbreiten; von der arabischen Halbinsel aus gelangten sie auch bis nach Pakistan und Indien. Experten fürchten darüber hinaus, dass sich Schwärme auf Futtersuche in der Regenzeit von Juli bis September bis nach Westafrika ausbreiten könnten. Erfahrungen mit ähnlich massiven Heuschreckenplagen in der Vergangenheit legen nahe, dass die Plage mehrere Jahre andauern kann. Das war beispielsweise zwischen 1986 und 1989 passiert, als Nord- und Westafrika Opfer großer Schwärme der Fluginsekten wurden.
Dies sei vor allem deshalb bedrohlich, weil die Bevölkerung in Teilen der betroffenen Länder in den vergangenen Jahren unter den Folgen überlappender Krisen gelitten habe, von Dürren und Überschwemmungen, Epidemien (Cholera, COVID-19) sowie politisch bedingten Krisen, erläutert die Expertin.
Geschwächte Widerstandskraft
Schon Mitte 2020 seien etwa 29 Millionen Menschen in der Region von Ernährungskrisen bedroht gewesen. „Ihre Reserven gelten als aufgebraucht und ihre Widerstandskraft als geschwächt. Die kriegerischen Auseinandersetzungen in Äthiopien seit November 2020 werden die Zahl der Betroffenen in diesem Jahr noch deutlich steigen lassen“, warnt Dorlöchter-Sulser.
Misereor hat bereits im Sommer vergangenen Jahres auf Anfrage der Diözese Soddo ein Projekt zur Heuschreckenbekämpfung in den äthiopischen Gebieten Malle, Benatsemay und Hamer finanziert. Dabei wird die Bevölkerung angeleitet, parallel zu Pestizideinsätzen der Behörden mit mechanischen und damit wesentlich umweltverträglicheren Maßnahmen gegen die Heuschrecken vorzugehen. Dazu werden die Menschen darin ausgebildet, bei Heuschrecken in jungen Entwicklungsstadien Gräben auszuheben und die noch flugunfähigen Jungtiere in diese Gräben zu treiben und zu töten. Außerdem umfasst die Ausbildung die Identifizierung von Brutgelegen und das Ausgraben und die Zerstörung der Eier. Zusätzlich wird Schutzkleidung finanziert, da die einheimische Bevölkerung vor Ort häufig von staatlicher Seite in Sprüheinsätze mit Insektiziden zur Heuschreckenbekämpfung einbezogen wird.
© Text: Misereor