Regierungen beraten über Pläne für Gedenkort in Colonia Dignidad
Aufarbeitung ‐ Die Regierungen in Deutschland und Chile beraten über Pläne für einen Gedenkort in der chilenischen Colonia Dignidad. Wann diese Beratungen abgeschlossen seien, lasse sich momentan nicht sagen, hieß es am Donnerstagabend vonseiten der für die Ausarbeitung eines Konzepts eingesetzten deutsch-chilenischen Expertenkommission. In beiden Ländern stünden in diesem Jahr Wahlen an, was die Entscheidungsfindung aller Voraussicht nach verzögern werde.
Aktualisiert: 27.07.2022
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Die Regierungen in Deutschland und Chile beraten über Pläne für einen Gedenkort in der chilenischen Colonia Dignidad. Wann diese Beratungen abgeschlossen seien, lasse sich momentan nicht sagen, hieß es am Donnerstagabend vonseiten der für die Ausarbeitung eines Konzepts eingesetzten deutsch-chilenischen Expertenkommission. In beiden Ländern stünden in diesem Jahr Wahlen an, was die Entscheidungsfindung aller Voraussicht nach verzögern werde.
Die Colonia Dignidad wurde Anfang der 1960er Jahre von dem gebürtigen Bonner Paul Schäfer (1921-2010) in Chile gegründet. Auf der Anlage rund 350 Kilometer südlich der Hauptstadt Santiago versprach der aus einem freikirchlichen Umfeld stammende Laienprediger seinen Anhängern ein „urchristliches Leben im Gelobten Land“. Tatsächlich führte Schäfer ein diktatorisches Regime und schottete die Sektenmitglieder von der Außenwelt ab.
Zu den Verbrechen zählten unter anderem Freiheitsberaubung, Zwangsarbeit und Sklaverei, Kindesmissbrauch, Körperverletzung, Folter und Verabreichung von Psychopharmaka ohne medizinische Indikation. Während der Militärdiktatur (1973-1990) wurden in der Colonia Dignidad Hunderte Regimegegner vom chilenischen Geheimdienst gefoltert und Dutzende ermordet.
Die juristische Aufarbeitung der Verbrechen verläuft schleppend, lange zeigte die deutsche Politik kein Interesse an der Aufklärung der Vorkommnisse. Schäfer selbst wurde 2005 in Argentinien festgenommen und nach Chile ausgeliefert. Er starb im April 2010 in Haft. Einer der prominentesten noch lebenden Vertreter der Führungsriege ist der inzwischen wieder in Deutschland ansässige 77-jährige Hartmut Hopp. Der Arzt galt als rechte Hand Schäfers und musste sich bislang vor einem deutschen Gericht nicht verantworten.
Bei der Online-Pressekonferenz am Donnerstagabend stellten die Psychologin Elizabeth Lira, die Politologin Elke Gryglewski, der Historiker Jens-Christian Wagner und der Rechtsanwalt Diego Matte Grundzüge ihres Konzepts vor. Demnach sollen zentrale Bauten des Areals wie das Haus von Sektengründer Schäfer in den Gedenkort einbezogen werden. Ziel sei, einen Ort der Erinnerung und Trauer zu schaffen, an dem zugleich die Spuren der Verbrechen dokumentiert und gesichert würden. Außerdem soll die Gedenkstätte als Bildungseinrichtung genutzt werden können.
© KNA