Helfer in Sorge um Haiti – Präsident unrechtmäßig im Amt
Krise

Helfer in Sorge um Haiti – Präsident unrechtmäßig im Amt

Karibik ‐ Entwicklungsorganisationen zeigen sich besorgt über die Lage in Haiti. Bewaffnete Banden hätten die Versorgung des Landes unter ihre Kontrolle gebracht, erklärten Brot für die Welt, Medico International und Misereor am Freitag. Nach Einschätzung der Helfer gehört die Gewalt zur Strategie von Präsident Jovenel Moise, dessen reguläre Amtszeit abgelaufen ist: Er präsentiere sich als politische Lösung, um die Gewalt einzudämmen.

Erstellt: 05.07.2021
Aktualisiert: 12.09.2022
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Die Bundesregierung dürfe Moise nicht länger unterstützen, fordern die Organisationen. Haiti brauche einen politischen Prozess, über den die Bevölkerung bestimme, sagte Barbara Küpper von Misereor. Die haitianische Zivilgesellschaft hat demnach einen Übergangsprozess vorgeschlagen, um Rechtsstaatlichkeit wiederherzustellen und die Verantwortlichen für die Bandenkriminalität vor Gericht zu bringen. Auch Korruptionsvorwürfe gegen Moise sollten überprüft werden.

Seit 1. Februar dieses Jahres regiert Präsident Moïse laut einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofes von Haiti nicht mehr rechtmäßig und hätte von seinem Amt zurücktreten müssen. Stattdessen ließ er die Richter absetzen. Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) spricht sich in ihrem neuen Bericht vom 30. Juni für einen Regierungswechsel aus. Sie empfiehlt die Neubesetzung des Wahlrates und schnellstmögliche Maßnahmen zur Wiederherstellung der Sicherheit für Leib und Leben der haitianischen Bevölkerung, um ihr Vertrauen in die staatlichen Institutionen wiederherzustellen.
 

Eine Übergangsregierung könnte zudem demokratische Wahlen ermöglichen, hieß es. In der aktuellen Situation mit „massiver Bedrohung“ könnten Wahlen dagegen nicht als Ausdruck freier Willensbildung gewertet werden, sagte Kirsten Bredenbeck von Brot für die Welt. Die haitianische Gesellschaft brauche nun die Unterstützung der sogenannten Core-Group, der unter anderem die EU, Frankreich, Deutschland und die USA angehören.

Staatlich veranlasster Bandenkrieg?

Seit sieben Monaten dauere die Bandenkriminalität bislang an, hieß es weiter. In Cité Soleil und Bel Air, zwei Stadtvierteln der Hauptstadt Port-au-Prince, kamen dadurch nach einem Bericht des örtlichen Menschenrechtsnetzwerks RNDDH 145 Menschen ums Leben, ohne dass staatliche Autoritäten sie geschützt hätten. Den Banden, die bisweilen auf staatliche Veranlassung gehandelt haben sollen, wirft der Bericht zudem gezielte Brandstiftung vor. Mehr als 18.000 Menschen sind den Angaben zufolge auf der Flucht vor der Gewalt.

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