Kirche in Kuba fordert Gespräche mit der Opposition

Kirche in Kuba fordert Gespräche mit der Opposition

Havanna ‐ Kubas Bischöfe zeigen Solidarität mit den protestierenden Regimegegnern, hüten sich aber, Öl ins Feuer zu gießen. Die Lösung der Krise könne nur in einem gemeinsamen Dialog aller Beteiligten liegen.

Erstellt: 15.07.2021
Aktualisiert: 11.01.2023
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Seit Tagen gehen in Kuba die Menschen auf die Straße, um gegen die Versorgungskrise, Medikamentenmangel und staatliche Repression zu demonstrieren. Die sozialistische Ein-Parteien-Regierung reagiert mit einer Blockade des Internets, mit Verhaftungen und Polizeigewalt. Nun haben sich die kubanischen Bischöfe zu Wort gemeldet: „Wir können nicht unsere Augen verschließen, als wäre nichts passiert“, heißt es in einer Stellungnahme der Kubanischen Bischofskonferenz als Reaktion auf die Proteste.

Wie meist in den vergangenen Jahren versucht die Kirche eine Position zu finden, die beide Sichtweisen berücksichtigt. Es sei verständlich, dass die Regierung, die die Verantwortung trage, versucht habe, Maßnahmen zur Linderung der bestehenden Schwierigkeiten zu ergreifen. „Aber wir verstehen auch, dass die Menschen das Recht haben, ihre Bedürfnisse, Wünsche und Hoffnungen zu äußern“, heißt es in einer Erklärung (Dienstag Ortszeit) auf der Website des Erzbistums Havanna. Die Proteste beträfen einige Entscheidungen, die das Volk ernsthaft beeinträchtigten.

Als Appell für mehr marktwirtschaftlichen Individualismus kann die Forderung der Bischöfe verstanden werden, Familien Raum für Kreativität und Initiative zu geben, damit sie für ihr eigenes Wohlergehen arbeiten können, in dem Wissen, dass sie dann für das Wohl der Nation arbeiten.

Bischöfe fordern Einbeziehung der Opposition

Von der kubanischen Regierung erwarten die Bischöfe nun mehr Flexibilität und Bereitschaft, auf die Protestierenden zuzugehen. Sie sähen mit Sorge, dass der Staat unbeweglich reagiere, dass sich die Situation weiter verschlechtere. Sie warnen vor einer Verhärtung der Positionen und negativen Reaktionen mit unvorhersehbaren Folgen für alle.

Eine Lösung der Probleme könne weder durch Verbote noch durch Aufrufe zu Konfrontation erzielt werden, sondern nur durch gegenseitiges Zuhören, gemeinsame Vereinbarungen und konkrete, greifbare Schritte. Dabei fordern die Bischöfe auch die Einbeziehung der Opposition, denn diese Ziele seien nur mit einem Beitrag aller Kubaner erreichbar, ohne Ausgrenzung. Papst Franziskus habe gelehrt, dass Krisen nicht durch Konfrontation, sondern durch die Suche nach Verständigung überwunden werden.

Die Aggressivität von heute öffne neue Wunden und nähre die Ressentiments von morgen, deren Überwindung viel Mühe kosten werde, schreiben die Bischöfe weiter. Daher rufe die Kirche alle auf, die Krise nicht weiter zu befördern. Es brauche nun guten Willen und Toleranz.

Verhafteter Priester wieder auf freiem Fuß

Die Sozialproteste auf Kuba begannen am Wochenende. Staatliche Stellen sprechen von bislang einem Toten. Regierungskritische Portale berichten über zahlreiche Festnahmen von Demonstranten sowie massive Gewalt gegen die Protestierer. Insgesamt sollen mehr als 120 Aktivisten und Journalisten festgenommen worden sein. Die unabhängige Künstlerbewegung „San Isidro“ veröffentlichte eine Liste mit Dutzenden Namen von Personen, die in den vergangenen Tagen verhaftet wurden oder seitdem vermisst werden. Die Regierung spricht dagegen von Vandalismus und erklärt, die Demonstrationen seien aus dem Ausland gesteuert, um Kuba zu destabilisieren, insbesondere aus den USA.

Unter den Verhafteten befand sich nach Angaben regierungskritischer Portale auch der katholische Priester Castor Alvarez Devesa aus der Erzdiözese Camagüey, der sich am Wochenende offenbar schützend vor einige junge Demonstranten gestellt und sich mit ihnen solidarisiert hatte. Dabei wurde er von der Polizei attackiert und leicht am Kopf verletzt. Inzwischen ist er wieder auf freiem Fuß.

Von Tobias Käufer (KNA)

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